Kit Armstrong & Academy of St. Martin in the Fields: Weich und virtuos

Der Geist von Sir Neville Merrimer dürfte zufrieden gewesen sein: Das Konzert seiner Academy of St. Martin in the Fields im World Conference Center Bonn (WCCB) war – abgesehen von der jegliche Dynamik eindampfenden Akustik des Saals – ein Genuss ganz in seinem Sinne. Der wohlig-warme Klang hüllte das Publikum des Beethovenfests in eine samtig-weiche Blase ein und vermittelte einen hervorragenden Eindruck der Qualitäten des beliebten Londoner Orchesters, das seit dem Tod ihres Gründers weitgehend auf einen Dirigenten verzichtet und stattdessen von Musikdirektor Joshua Bell geleitet wird. Dieser war in Bonn zwar nicht mit dabei, dafür aber Konzertmeister Tomo Keller, der zusammen mit dem Star-Pianisten Kit Armstrong eine weitergehende Führung nur selten vermissen ließ. Dafür verstanden sich die Musiker einfach zu gut.

Das Programm setzte ganz bewusst spielerische Werke dreier herausragender Komponisten gegeneinander, die sich durchaus gegenseitig befruchtet haben und dennoch ihren eigenen Weg gegangen sind. Schon der Auftakt mit Felix Mendelssohn Bartholdys einsätziger h-Moll-Streichersinfonie verwies auf den Einfluss Mozarts auf den damals 14-Jährigen, der die Werke des Salzburgers eingehend studiert haben muss. Die Streicher der Academy konnten dabei ihr Potenzial voll ausschöpfen und sorgten mit fein differenziertem Spiel für einen ersten Höhepunkt. Den Bogen zu Mozart schloss das Orchester denn auch am Ende des Konzerts mit der Großen g-Moll-Sinfonie in der Zweitfassung mit Klarinetten, die zu Mendelssohns Zeit als eines der Referenzwerke galt: Sie erklang in gewohnter Perfektion und angenehmer Transparenz, auch wenn vielleicht der ein oder andere Akzent, den ein Dirigent hätte setzen können, unterblieb. Dies ist allerdings Kritik auf allerhöchstem Niveau, eine reine Stilfrage, die in keiner Weise das Niveau der Academy schmälern sollte.

Zwischen diesen Stücken dann Kit Armstrong, das einstige Wunderkind und Schüler von Alfred Brendel: Virtuos wie ein junger Apoll, munter und verspielt jagte er über die Tasten, überaus flott bei Mozarts Rondo in D-Dur, wunderbar vielschichtig bei Beethovens Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur. Letzteres verwies etwa zu Beginn des zweiten Satzes durchaus auf Mozart, erinnerte an die „Zauberflöte“ und führte diese Ansätze doch konsequent fort. Armstrong arbeitete diese Entwicklung überaus geschickt heraus, gab sich mal zart, dann wieder neckisch und aufregend. Den romantischen Duktus setzte er damit meisterhaft in Szene, während das Orchester als brillanter Dialogpartner einmal mehr zu glänzen wusste. Überragend auch die ausführlichen, variantenreichen Kadenzen Armstrongs, die fröhlich zwischen den Stilen wechselten und dem Werk eine besondere Frische verliehen. Das Publikum war denn auch restlos begeistert und feierte die Academy sowie Kit Armstrong mit tosendem Applaus, was in Bernsteins 7/8-„Waltz“ aus seinem „Divertimento“ als bravouröse Zugabe mündete.

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