Die Musik ist flirrend, unbeständig und unvorhersehbar, mitunter brachial und dann wieder meditativ, irgendwo im Spannungsfeld zwischen Progressive Rock, Modern Jazz, Barock und Neuer Musik zu verordnen. Was Zymbalspieler Miklós Lukács mit seinem Trio im Rahmen des Haydn-Festivals im Schloss Augustusburg zum Besten gibt, ist für die Klassikliebhaber ohne Zweifel eine Herausforderung. Eine, die auch nicht dadurch leichter wird, dass sich der eigenwillige Klang des dominanten Hackbretts mit seinen ständig am Rand der Verstimmung schwingenden Saiten durch den Hall des Treppenhauses aufstaut und übereinander schichtet, bis ein differenziertes Hören vor allem in den zahlreichen lauten Passagen kaum noch möglich ist. Man muss sich fallen lassen, sich auf den modernen Jazz ungarischer Prägung einlassen, der das Publikum mitunter zu überrollen droht – dann jedoch ergeben sich einige bemerkenswerte Einsichten und vor allem die Chance, einige Melodien Haydns einmal ganz neu zu erleben.
Lukács hat seinen eigenen wuchtigen Kompositionen ganz bewusst mehrere Haydn-Werke gegenübergestellt, die einen angenehmen Kontrapunkt zu den bedrohlichen Klanggewittern aus „Budapest Anzix“ oder
„Nyüzsgés“ bilden. Der rockige Impetus, den vor allem Schlagzeuger István Baló immer wieder durchbrechen lässt, teilt Lukács mit seinen fast schon an E-Gitarren-Soli erinnernden virtuosen
Variationen nur allzu gerne. Dann nimmt er sich aber wieder zurück und zusammen: Wenn die Musik ins piano gleitet, atmet der Raum auf und die Zymbal durch. Es sind diese friedvollen Momente vor
dem nächsten Sturm, die die stärkste Wirkung entfalten, sie und das brillante Spiel von Bassist György Orbán, der inmitten des Getöses ein zuverlässig pulsierender Ruhepol ist.
Derweil jagt Lukács weiter, lässt seine Klöppel durch Haydns Menuett G-Dur (Hob. IX:3 Nr. 2) oder das Rondo alla Ungarese aus dem G-Dur-Klaviertrio tanzen, immer in Bewegung und kurz vor dem
nächsten Ausbruch. Es ist ein intensives Erlebnis, dieser ständige Wechsel zwischen den swingenden, aber doch zumindest gut erkennbaren Barockstücken und den massiven akustischen Gebirgen, die
das Trio sonst gerne mal aufschichtet. Am eindrucksvollsten ist es jedoch, wenn es sich ein wenig zurücknimmt, so wie bei Haydns Serenade aus dem Streichquartett F-Dur oder einer traumhaften
Ballade, mit der Miklós Lukács und seine Kollegen nach herzlichem Applaus das Konzert beenden.
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