Bukahara & Moop Mama: Brass-Party mit Botschaft

Gute Laune bei tragischen Themen? Ja, in gewisser Weise ist das paradox. Wenn zu Liedern über die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer oder dem grassierenden Rechtspopulismus in ganz Europa ausgelassen gefeiert wird, könnte man sich schon fragen, ob das wirklich angemessen ist. Andererseits kann wirklich niemand auf die Idee kommen, dass Bukahara und Moop Mama es mit ihren Aussagen nicht ernst nehmen würden. Das Kölner Neofolk-Quartett und die Münchener Urban-Brass-Band sind einfach Formationen, die Haltung zeigen und ihre Botschaften unters Volk bringen, ohne dabei die moralinsaure Keule zu schwingen. Und das funktioniert. Sogar ausgezeichnet.

Selbst im Brückenforum, wohin das eigentlich für den KunstRasen geplante Doppelkonzert aus „produktionstechnischen Gründen“ (so die offizielle Sprachwahl) verlegt wurde, was angesichts des herrlichen Sommerwetters so manche Fans ziemlich enttäuschte. Doch die laut Veranstalter etwa 1500 Zuschauer und die Musiker machten das Beste aus der Situation, gaben Gas, setzten Zeichen – und spielten deutlich länger, als es in der Gronau hätte realisiert werden können.

 

Alleine Bukahara sorgten anderthalb Stunden lang für Stimmung. Ihre wilde Mischung aus Balkanbeat-Gypsy, charmantem Straßenköter-Jazz, arabeskem Reggae und tiefsinnigem Singer-Songwritertum fegte mit der Wucht eines Schirokkos durch den Saal, fuhr ins Publikum und brachte dieses unweigerlich zum Tanzen und zum Toben, während die Hände in die Höhe schossen und sämtlichen Kehlen ein explizites „No“ entwich, um alle nur denkbaren fremdenfeindlichen Parolen zu kontern. Rassistische Aussagen haben im Umfeld der jüdisch-palästinensisch-tunesisch-münsterländischen Kombo schlichtweg nichts zu suchen. Dazu lieferten Bukahara den entsprechenden multikulturellen Soundtrack, vielseitig, virtuos und immer wieder überraschend. Ständig wechselten die Musiker ihre Instrumente, was sich vor allem in dem Moment als Vorteil erwies, als Bassist Ahmed Eid eine Saite riss – und er kurzerhand auf die Trompete umschwenkte. Klasse.

Auch Moop Mama stieß ins selbe Horn und stimmte immer wieder nachdenkliche Töne an, etwa beim getragenen Opener „Meermenschen“, der die europäische Flüchtlingspolitik kommentiert. Ein grandioses Stück, bei dem Frontmann Keno Langbein seine Qualitäten als Rapper eindrucksvoll unter Beweis stellte. Doch danach war wieder Party angesagt, als Gegenmittel für die sich anstauende Betroffenheit. Die eigenwillige Mischung aus Techno-, Hip-Hop-, Jazz- und Marchingband-Elementen ging sofort in die Beine, und während Langbein unter anderem auf einem BMX-Rad über die Bühne wackelte, wechselte das Publikum in den Feiermodus. Moop Mama folgten, sangen unter anderem augenzwinkernd von der Liebe eines Polizisten zu einer Steinewerferin und legten zunehmend ihre Wurzeln als Straßen-Guerilla-Band offen, die sich ihren Platz im wahrsten Sinne des Wortes erkämpft hat. Nur dass ihr an diesem Abend niemand selbigen streitig machen wollte. Sollen sie doch spielen, und zwar möglichst lange. Ein Schlussstrich um 22 Uhr, wie auf dem KunstRasen leider aus Lärmschutzgründen Pflicht? Nicht im Brückenforum. So ein Saal hat eben doch auch Vorteile. Die Menge genoss denn auch einen Konzertabend der Extraklasse. Wer sich den hat entgehen lassen, war wirklich selber schuld.


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