In der Aula der Universität Bonn proben die Tiere den Aufstand. Genauer gesagt die Hühner, die mit rhythmisch swingendem Gegacker ihrem Bauern die Stirn bieten und um etwas mehr Ruhe und Frieden bitten. Klingt absurd, ist aber ein herrlich musikalischer Spaß, bei dem sich der Jazzchor der Uni Bonn erfreulicherweise nicht ganz so ernst nimmt. Und fröhlich das indignierte Federvieh mimt. Das Vokalensemble, das zum ersten seiner insgesamt drei Semesterabschlusskonzerte eingeladen hat, ist bestens gelaunt, singt sich immer mehr frei und kommt dadurch immer mehr in jenen Modus, der für Jazz unabdingbar sein sollte – und der eben nicht selbstverständlich ist.
Der Jazzchor der Uni Bonn ist gerade in den letzten Jahren immer mehr auf Augenhöhe mit den beiden Platzhirschen BonnVoice und Bonner Jazzchor gekommen, hat mit hervorragender Intonation und
guten Ideen auf sich aufmerksam gemacht. Kein Wunder also, dass sie zuletzt beim 10. Deutschen Chorwettbewerb in Freiburg den 1. Preis in der Kategorie „Populäre Chormusik – a cappella“ gewonnen
haben. Dennoch fehlte es zuletzt ein wenig am richtigen Groove. Und auch bei diesem Konzert sah es zunächst so aus, als würde die Darbietung dem Potenzial des Chores nicht ganz gerecht. Die
unverstärkten Soli verschwanden in der riesigen Aula, während sich die Silben bei „I got Rhythmn“ mal wieder wie Kaugummi zogen. Doch dann kamen die jungen Sänger in Fahrt. Nat King Coles „Almost
like being in love“ gewann nach einem balladesken Einstieg einen schönen leichten Swing, der Smash-Hit „Sixteen Tons“ (den der Jazzchor in unterschiedlichen Besetzungen schon seit fast 20 Jahren
immer wieder im Repertoire hat) riss das Publikum mit, und die Hühner-Hymne „Ain't Nobody Here but Us Chickens“ sorgte für einen ersten echten Höhepunkt.
Ab da war der Knoten geplatzt, der Chor gelöst – und das hörte man. Ihr „Royals“ samt schönem Klavier- und Cajón-Intro war phänomenal, ebenso wie der Massive-Attack-Hit „Teardrops“ oder das
großartige „Hide and Seek“. Chorgesang auf überaus hohem Niveau, mit starker Dynamik und einem einem ebensolchen Gesamtklang, mitunter kongenial unterstützt von Pianist Martin Rixen und fein
dirigiert von Jan Hendrik Herrmann: Mehr konnte man nicht verlangen. Das Publikum dankte es dem Jazzchor denn auch mit tosendem Applaus.
Kommentar schreiben