Big Daddy Wilson: Die Inkarnation des Blues

Diese Präsenz ist einfach einzigartig. Was für eine Intensität, was für eine Stimme. Volltönend und trotzdem erdig, eindringlich und ehrlich. Es ist Blues in Reinform, den Big Daddy Wilson da in die Harmonie entlässt, feine Zwölftakter voller Inbrunst und Leidenschaft und jener ganz besonderen Wehmut, die die Essenz dieser Musik bildet. Sie klingen, als hätte er nie etwas anderes gesungen – dabei hat Wilson den Blues erst spät kennengelernt und in der Fremde, hier in Deutschland, während seiner Zeit bei der US Army. „Ich wusste vorher gar nicht, was das war“, sagt er gerne. „In meiner Jugend habe ich Musik nur aus der Kirche und aus dem lokalen Country-Radio-Sender gekannt. Und dann war ich auf einem Konzert. Dort habe ich einen Teil von mir gefunden, der viel zu lange verloren war.“

Besser spät als nie. Denn was Wilson in der Harmonie zelebriert, ist nicht weniger als eine Offenbarung. Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern ist er eben nicht von einer bestimmten Spielweise geprägt, wandelt daher mühelos zwischen sumpfigem Delta-Blues aus Tennessee und dem Country-Blues aus Texas, immer aber nah dran an den Ursprüngen, an den Liedern aus den verarmten schwarzen Gemeinden, die es auch heute leider noch gibt. Wilson kennt das Leben dort, stammt selbst aus einer solchen Stadt, in der er wie selbstverständlich auf den Tabakplantagen und Baumwollfeldern arbeitete. Und auch wenn er mittlerweile elegant gekleidet ist, ein perfekter Gentleman mit Anzug und Hut, spürt man doch, dass er aus seiner Vergangenheit schöpft, aus ihr Stärke bezieht, gerade weil er sie überwunden hat. Wenn Big Daddy Wilson aufheult, Soul und Blues vermischt und etwa „Ain't No Slave“ oder „Walk A Mile In My Shoes“ anstimmt, dann ist das authentisch. Und einfach unglaublich gut.

Dabei hatte im Vorfeld schon eine andere lokale Band die Messlatte hoch gehängt. Baum's Bluesbenders heizten dem Publikum von der ersten Sekunde an ein, jagten ebenfalls durch alle Spielarten und ließen sowohl Mundharmonika-Zauberer Uwe Placke als auch Gitarren-Wirbelwind Bill Baum ausreichend Raum für Soli. Eine starke Einleitung, an die Big Daddy Wilson schließlich mühelos anknüpfte. Blues in allen Farben - was will man auch mehr?

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