Eigentlich muss Anna Depenbusch nur am Klavier sitzen und warten. Warten auf die Lieder, die bereits vollständig auskomponiert im Kosmos herumschwirren und nur nach jemandem suchen, dem sie sich anbieten können. Ist ganz einfach. Doch der „kreative Bereitschaftsdienst“ alleine bietet keine Erklärung für den Zauber, den die zarte, intensive Singer-Songwriterin zu weben versteht, wenn sie von Cowboys und Astronauten, Tim und Tina und Ron und Ronja singt und dabei ihr Publikum so mühelos in ihren Bann zieht, wie sie es jetzt im Pantheon getan hat, ganz alleine und in schwarz-weiß. Sie könnte auch das Telefonbuch vortragen, oder das Alphabet, und jeder würde ihr zu Füßen liegen. Letzteres tut sie sogar – und es funktioniert, weil ihre Musik eben nicht aus dem Kosmos kommt. Sondern aus Anna Depenbusch.
Auf ihre Band hat die 40-Jährige bei diesem Best-of-Programm verzichtet. Nur sie und der Flügel (und ab und zu eine Gitarre), das reicht. „Ich finde es toll, Stücke zu schreiben, die sich
verkleiden dürfen“, sagt sie – und entkleidet ihre Songs stattdessen, reduziert sie aufs Wesentliche, nämlich auf die charmante Poesie und die chansoneske Melodik, die immer schon zu Depenbuschs
Markenzeichen gehörten. Auch das Licht passt dazu: Es kommt ohne große Effekthascherei aus und wird gerade dadurch besonders eindrucksvoll. Weniger ist eben manchmal mehr. Vor allem bei Anna
Depenbusch. Eine der stärksten Nummern es Abends ist jene, in der die Sängerin sogar das Klavier sich selbst überlässt, mittels einer kleinen elektronischen Kiste nur eine Saite anregt und
ansonsten a cappella den Kopf freizubekommen versucht. In diesem unglaublichen Moment ist sie so überzeugend wie einst Sinnead O'Connor zu ihren besten Zeiten, intensiv, eindringlich, wahrhaftig.
Eine Meisterleistung.
Auch inhaltlich bleibt Anna Depenbusch ganz bei sich. Wenn sie nicht gerade von dem schönen Mann in Bonn singt („Frauen wie Sterne“) oder andere Liebes- und Beziehungsratgeberlieder mit mal
zerbrechlichem und mal souligem Ansatz in den Raum entlässt, widmet sie sich Menschen aus ihrem Bekanntenkreis. „Immer wenn ich eine neue CD veröffentliche, haben alle meine Freunde ein bisschen
Angst“, gesteht sie. „Zu Recht.“ Dabei meint sie es doch nur gut, auch wenn die ein oder andere Idee dann doch mit einem gewissen Augenzwinkern einhergeht. Wenn etwa die Männer im Saal einen
recht depressiven Cowboy-Chor imitieren dürfen oder sich Depenbusch ironisch fürs Fremdgehen entschuldigt, lugt der Schalk über ihre Schulter und bildet so einen angenehmen Kontrast zu den sonst
eher ruhigen Stücken. Die feine Ironie steht ihr gut, vor allem wenn sie mit musikalischer Abwechslung gepaart ist – großartig etwa die „Haifischbarpolka“, die man sich dank ihrer Cabaret-Dynamik
so auch von Tim Fischer vorstellen könnte, verletzlich und keck zugleich. Ein toller Chanson, bei dem Depenbusch alle Register zieht und zeigt, dass sie überhaupt keine Band braucht, um die Bühne
mit Energie zu fluten. Ihre Lieder schaffen das auch in schwarz-weiß. Das Publikum ist dementsprechend begeistert und feiert die Sängerin mit stehenden Ovationen und euphorischem Beifall.
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