Alte Bekannte: Wiedersehen macht Freude

Als sich die Wise Guys im Sommer vergangenen Jahres auflösten, konnten viele Vocal-Pop-Fans es kaum glauben. 27 Jahre lang waren die fünf Kölner die Platzhirsche der deutschen a-cappella-Szene, die in ihren Hochzeiten bis zu 75.000 Menschen beglückten. Und das sollte jetzt alles vorbei sein? Ja. Und nein. Denn während Eddi Hüneke inzwischen auf Solo-Pfaden wandert, wollten Daniel „Dän“ Dickopf, Nils Olfert und Björn Sterzenbach als Gruppe weitermachen. Zusammen mit dem iNtrmzzo-Vokalclown Clemens Schmuck und dem zuvor vor allem als Keyboard in Erscheinung getretenen Ingo Wolfgarten sind sie nun als Alte Bekannte unterwegs – und obwohl sie kompositorisch genau an jenem Punkt anknüpfen, wo die Wise Guys aufgehört hatten, bringen sie doch neue Energie mit. Und jede Menge neuer Lieder.

Tatsächlich sind die Alten Bekannten nicht untätig geblieben, haben innerhalb von zwölf Monaten kurzerhand ein Album sowie ein abendfüllendes Programm zusammengestellt und verzichten dabei nahezu vollständig auf die Hits aus der Wise-Guys-Vergangenheit. Immerhin sind sie, wie Dän bei einem Konzert im Bonner Pantheon mehrfach betont, eine neue Band, ganz frisch und unverbraucht, trotz einer Gesamtbühnenerfahrung von mehr als 120 Jahren. Na ja, letzteres hört man allerdings durchaus, im Guten wie im Schlechten. Technisch ist der Gesang des Quintetts ohne Frage auf einem Top-Niveau, ungeheuer professionell, auch wenn die Alten Bekannten gerade dieses Attribut ablehnen und mit einer umgedichteten deutsch-englischen Version von „Unforgettable“ kommentieren. Andererseits sind gerade diese Verballhornungen wirklich alter Kaffee, weder innovativ noch sonderlich lustig, obwohl die Publikumsreaktionen etwa bei „Billigjeans“ (Michael Jackson würde sich ob des Texts im Grabe umdrehen) eine andere Sprache zu sprechen scheinen. Und auch die Arrangements wirken zum Teil etwas altbacken, folgen sie doch zu häufig dem Schema F, statt mutig neue Ton-Effekte auszuprobieren. Immerhin wandern die Fünf aber mal ins Reich des Vocal-Techno („Ich hab kein Tatoo“), scatten mit Babygebrabbel oder integrieren eine leider viel zu kurze Raggamuffin-Passage. Diese bemerkenswerte Bandbreite macht einfach nur Spaß.

Erfreulich ist auch, dass die Alten Bekannten zwar durchaus noch einige Comedy-Elemente in ihre Lieder einbauen, dies aber nicht mehr so exzessiv tun wie die Wise Guys in ihren letzten Jahren. Gut, Songs wie „Recht haben ist geil“ oder auch „Montagsallergie“ stammen immer noch aus den Tiefen des bemüht lustigen Grinse-Pops, doch daneben finden sich auch nachdenkliche Stücke wie „Stern aus Papier“ und das grandiose „Nur du allein“, mit dem das Quintett psychische Krankheiten thematisiert. Hier stimmt einfach alles, Flow, Spannung, Verse, Dynamik. Besser geht’s kaum.

Letztlich können die Alten Bekannten also nicht nur Wise-Guys-Fans mit ihrem frischen Auftreten überzeugen. Das Publikum spendet am Ende stehende Ovationen für ein ausgelassenes Konzert und freut sich schon auf ein Wiedersehen. Sollte kein Problem sein: Am 28. März 2019 werden die Alten Bekannten erneut im Pantheon zu Gast sein.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0