Finnen haben Feuer. Vor allem auf der Bühne. In der Harmonie haben nun gleich zwei Künstlerinnen aus dem hohen Norden den Beweis dafür angetreten: Auf der einen Seite die junge Soul-Entdeckung Ina Forsman mit gezähmter, im Bann des Rhythmus wabernder Leidenschaft, auf der anderen Seite Bluesrockröhre Erja Lyytinen, wild und explosiv wie ein Steppenbrand. In beiden Fällen sprang der Funke über, zumal die Damen wirklich meisterhaft agierten und mit starken Stimmen immer wieder Akzente setzten. Doch während Lyytinen sofort damit begann, das Publikum an den Siedepunkt zu führen, nahm sich Forsman Zeit – und musste mitunter um Zustimmung kämpfen.
Zugegeben, optimal war die Kombination der beiden Sängerinnen nicht, dafür sind sie doch zu unterschiedlich. Auch die Tatsache, dass Forsman als Special Guest und nicht als nahezu gleichwertige Künstlerin mit einem eigenen einstündigen Set angekündigt war, sorgte für die ein oder andere Irritation, insbesondere da die 23-Jährige nicht die erwarteten harten Bandagen auspackte, sondern stattdessen auf feinen Soul, Funk und modernen R'n'B nach Bonn kam. Dabei dürfte spätestens seit der Blues Caravan 2016 klar gewesen sein, dass gerade diese Vielseitigkeit zu den großen Stärken Forsmans zählt, gepaart mit einem fantastischen Organ, das mitunter mit dem von Lana del Ray vergleichbar ist, aber zu weitaus mehr in der Lage ist. Herrlich, wie sie zu Beginn von „Hanging Loose“ ein kleines Rap-Intro hinlegte, stark auch, wie sie bei ihrer neuen Nummer „Love Is Magic“ einmal mehr Töne verschliff, nur um sie kurz darauf wieder aufzubauen und mit feinen Ornamenten zu verzieren. Forsman ist einfach eine geborene Erzählerin, die jede Silbe einfärbt und ganz kontrolliert mit Energie versieht. Ja, sie lodert vielleicht nicht ganz so wild wie Erja Lyytinen – aber ihre Musik ist deshalb nicht weniger überzeugend. Und mindestens genauso ehrlich.
Dennoch waren viele Besucher in erster Linie für krachenden Blues gekommen – und den lieferte schließlich Lyytinen, die kurzerhand die Temperatur um mehrere tausend Grad erhöhte und sich mit ausgiebigen Gitarren-Soli in die Herzen des Publikums spielte. Weg mit dem Intellekt, her mit den rohen Emotionen. „Can you feel my pain?“, fragte sie bei einem staubtrockenen Blues, und „can you feel my heartbeat?“ bei einer wuchtigen Rock-Nummer. Die Antwort lautete in beiden Fällen: Ja. Natürlich. Bei der Wucht, mit der die 41-Jährige durch den Saal tobte, während sie sich samt Robert-Johnson-, Hendrix- und sogar Madonna-Zitaten in den Saiten ihrer Fender verbiss, war dies unausweichlich. Zwar ging ihre Stimme an einigen Stellen etwas unter, die Botschaft kam aber an. Zeit zum Rocken. Gerne doch. Ein perfekter Abschluss für einen abwechslungsreichen Abend, der allerdings sehr davon profitiert hätte, wenn zumindest einmal Forsman und Lyytinen zusammen auf der Bühne gestanden hätten.
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