Die Nachfolge-Christi-Kirche tanzt. Und zwar auf schottische Art. Die Highlands sind auf die Schäl Sick gekommen und haben ihre Musik mitgebracht, die jetzt die Gemeinde von den Bänken scheucht. Jigs und Reels hallen durch den Altarraum, Fiddel und Concertina jagen in atemberaubenden Tempo einander, eine Gitarre gibt den immer schneller werdenden Rhythmus vor und eine klare Stimme kündet von grünen Tälern inmitten einer rauen Landschaft. Es ist traditioneller Folk auf hohem Niveau, der Limperich energetisiert, dargeboten von den letzten drei Gewinnern des BBC Young Scots Trad Awards, die derzeit auf Deutschland-Tour sind und zeigen, dass die Klänge ihrer Heimat immer wieder aufs Neue die Menschen bezaubern können.
Jeder der drei Musiker darf sich solistisch präsentieren, darf allein oder zusammen mit Begleit-Gitarrist Craig Irving ein wenig das Rampenlicht auf sich ziehen, bevor in der zweiten
Konzerthälfte alle zusammen auf der Bühne stehen. Schon das lohnt sich: Vor allem Concertina-Virtuose Mohsen Amini springt das Publikum förmlich an, zieht es mit seinem wilden Spiel und
herausragender Dynamik in seinen Bann und hat dabei dermaßen viel Spaß, dass sich ihm keiner entziehen will. Sängerin Claire Hastings geht es derweil etwas ruhiger an, mischt selbst geschriebene
Lieder sowie Vertonungen von Gedichten des schottischen Dichters Robert Burns mit alten Weisen und animiert das Publikum immer wieder erfolgreich dazu, einzustimmen. Und Fiddle-Spieler Ryan
Young? Nimmt ein ums andere Mal aus zunächst gemächlichen Airs heraus Fahrt auf, um dann in uralte Melodien aus den Highlands zu springen, die ihm technisch alles abverlangen. Seine Intensität
ist dabei bemerkenswert – allerdings braucht er zumindest noch eine gewisse rhythmische Unterstützung, um in der Spur zu bleiben.
Trotz dieser beeindruckenden Einzel-Darbietungen ist das gemeinsame Musizieren der Höhepunkt des Abends. Die Künstler ergänzen sich einfach meisterlich und treiben sich gegenseitig an. Wieder ist
es Mohsen Amini, der allen die Show stiehlt – vor allem bei „The Echo“, das er im Duett mit Craig Irving spielt –, aber auch Claire Hastings strahlt noch einmal heller als zuvor. Wieder darf das
Publikum mitsingen und mitklatschen, bei einem von Irving vorgetragenen Lied erhält es sogar eine kleine Einführung ins Gälische. Klappt eigentlich ganz gut. Der Abend wird immer ausgelassener,
Publikum und Musiker immer lockerer. Erstere stehen irgendwann nur noch und wiegen sich im Takt, während letztere immer weiter Gas geben. Die Menge kann davon einfach nicht genug bekommen. Und
wer weiß, vielleicht kommen die Musiker ja wieder mal nach Bonn. Ob in eine Kirche oder in einen Pub, ist dabei nach diesem Abend zweitrangig.
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