Papperlapapp: Aufstand aus dem Untergrund

Überall Baustellen und kein Ergebnis: So langsam reicht es dem Papperlapapp-Ensemble. Seit nunmehr neun Jahren versucht Bonns kreativste und populärste Kinderkarnevalssitzung, die in der stolzen Tradition des Pink Punk Pantheon steht und dieser hinsichtlich Pointen und Dramaturgie mitunter durchaus das Wasser reichen kann, die Pänz an die Macht zu bringen. Irgendwer muss ja schließlich das Chaos aufräumen, das in der Bundesstadt herrscht, und wer wäre besser dafür geeignet als die zukünftigen Generationen? Wenn man denen schon den globalen Klimawandel überlässt (auch wenn sie beim Weltklimagipfel nicht mitreden durften), sollte man ihnen auch zutrauen, etwas gegen marode Schulen und einen zunehmenden Abbau der Kulturlandschaft zu unternehmen. Die Papperlapappen wären auf jeden Fall willig – aber sie dürfen nicht. Von diesem Missstand haben sie die Nase voll, tauchen ab und gehen in den Endenicher Untergrund.

Der kabarettistische Rundumschlag von Kindern für Kinder hat längst Tradition, und auch in diesem Jahr nehmen die Pänz in der Harmonie kein Blatt vor den Mund. Auch wenn in den vergangenen Jahren einige zentrale Persönlichkeiten das Ensemble verlassen haben, ist die von  Babette Dörmer, Juliane Urmes und Tim Düwel geleitete Gruppe souverän genug, dies zu kompensieren und weiterhin mit scharfer Zunge das Zeitgeschehen zu kommentieren. Ob Glyphosat-Skandal oder Gender-Wahn, übermächtige Sprachassistenten oder die AfD, zu allem haben die Papperlapappen etwas zu sagen. Dabei reizen sie die Möglichkeiten der Satire gnadenlos aus und kommen dabei auf erstaunliche Ideen. Herrlich etwa, wenn bei einer Art Behörde für Zugvögel partygeile Spatzen mangels einer zuverlässigen Mitflug-Möglichkeit vom Quoten-Sittich an einen Schleuser-Storch vermittelt werden, während die US-Vögel auf der Flucht vor Trump aufgrund geltender Obergrenzen abgelehnt werden müssen und die Schleiereule wegen des Verhüllungsverbots bei den Beamten vollständig auf Granit beißt. Bunt, witzig und hintersinnig, für Klein und Groß gleichermaßen unterhaltsam – davon könnte es ruhig mehr geben. Zusammen mit der „Sendung in der Harmonie“, in der die Folgen des Rechtspopulismus unter anderem anhand eines weitgehend leeren Krippenspiels gezeigt werden (ohne Flüchtlinge, Juden und Araber bleiben Ochs und Esel eben ganz alleine), ist dieser Sketch auf jeden Fall der absolute Höhepunkt des Programms.

Das soll allerdings nicht heißen, dass es ansonsten nichts zu sehen gibt. So besucht eine wehrhafte Mutter Erde die nächste Klimakonferenz, wird mit Helikopter-Eltern abgerechnet und das Geheimnis um den Umzug Beethovens nach Wien gelüftet. Mitunter geht das Ensemble auch an die Grenzen des Humors, präsentiert etwa die neue Haribo-Sorte Phanatika für die in Bad Godesberg ansässigen Salafisten samt des Al-Quaida-Bombibärs – doch überspitzen sei ja schließlich erlaubt, rechtfertigt Sitzungspräsident Nikolaus dies gegenüber seiner Kollegin Sarah. Na dann. Aufgefüllt wird die Show mit diversen Zauber-, Artistik- und Clowns-Nummern, in der vor allem einige skurrile Minions ihre Aufwartung machen, während die sekundäre Zielgruppe, also die Erwachsenen, tatsächlich mit einem Monty-Python-Sketch verwöhnt werden. Und das alles aus dem Untergrund. Wirklich eine starke „Papperlapapp“-Leistung.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0