Thomas Quasthoff: Ein Klang wie von Barry White

Warmer, tiefer Gesang erfüllt den Raum, dunkel-schmelzend wie flüssige Edelschokolade, kraftvoll und zärtlich zugleich. Die perfekte Crooner-Stimme eben. Etwas anderes würde man von Thomas Quasthoff auch nicht erwarten: Der berühmte Bariton hat schon während seiner klassischen Zeit die Messlatte hoch gehängt, hat ganz bewusst nach den Sternen gegriffen und sich dabei mit nicht weniger als 100 Prozent zufrieden gegeben. Wie könnte es beim Jazz anders sein? In der Philharmonie Köln hat sich Quasthoff nun mit gewohnt hochkarätiger Besetzung (Frank Chastennier, Dieter Ilg und Wolfgang Haffner) seinen „favorite things“ gewidmet – und taucht vollständig in Standards wie „Summertime“ oder „You Are So Beautiful“ ein. Ein Genuss, der mit den im Programmheft genannten „Niederungen der so genannten U-Musik“ tatsächlich wenig zu tun hat.

Quasthoff fühlt sich in dem „verruchten“ Jazz wohl, das spürt und hört man bei jedem Ton. Erst recht an diesem Ort, in seiner „zweitliebsten Stadt in der Bundesrepublik“, wie er sagt. Vor allem die großen Balladen haben es ihm angetan, in denen er sein sonores Organ vollends ausloten kann und die er geschickt mit jenem eindringlichen Pathos verziert, der ihn schon als Lied-Interpret auszeichnete. Nur dass er dies inzwischen auch mal mit einem Augenzwinkern tun kann. „In My Solitude“ verleiht er anfangs sogar einen gewissen Barry-White-Charme. „Das ist der Vorteil, wenn man mit Mikro singen darf“, sagt er. „Man muss nur ganz nah heran gehen und fühlt sich sogleich ungeheuer sexy.“ Zumindest, wenn man Quasthoff heißt und im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern die Tiefe, das Volumen und eben auch die nötige Leichtigkeit besitzt. Dazu kommt eine ordentliche Dosis Humor, der sich unter anderem in einigen scharfen Kommentaren zur bundespolitischen Situation äußert.

Natürlich darf und soll auch fröhlich improvisiert werden. Ist schließlich Jazz. Kein Problem für Quuasthoff, der mühelos zwischen den Skalen wechselt oder sich zu einer Beatbox- beziehungsweise Scat-Einlage hinreißen lässt, während Chastennier, Ilg und Haffner ohnehin Meister dieser Kunst sind. Allerdings entfernen sich Sänger und Band dabei mitunter weiter voneinander, als für das Lied förderlich ist – vor allem Stevie Wonders „For Once In My Life“ leidet an einer rhythmischen Diskrepanz zwischen Melodie und Begleitung. Dafür findet sich das Quartett bei anderen Stücken wieder, harmoniert hervorragend und schafft letztlich einen wunderbaren Abend, an den sich das begeisterte Publikum sicherlich noch lange erinnern wird.

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