Mundstuhl: Schundmäuler aus Leidenschaft

Höher, weiter, besser? Nicht mit Mundstuhl. Das Comedy-Duo mit dem Hang zu ironischen Peinlichkeiten interessiert sich nur für eine Richtung, zumindest wenn es um den Humor geht: Abwärts. Hauptsache runter mit dem Niveau, bis man mit dem Bodensatz auf Augenhöhe ist. Muss man auch erst mal schaffen. Die beiden Brachial-Komiker Lars Niedereichholz und Ande Werner haben sich in den gefühlten 50 (und realen 20) Jahren ihrer Bühnenkarriere allerdings zu wahren Meistern dieser Disziplin entwickelt, können Pointen ebenso radikal tieferlegen wie ihre beschränkten Alter Egos Dragan und Alder jene „Schipirit“-schluckenden Proll-Karren, mit denen die Kultkanacken immer wieder protzen. Auf ihrer Jubiläums-Tournee „Mütze-Glatze. Simply the Pest“ fallen sie nun erneut im Haus der Springmaus ein, zusammen mit einigen anderen minderbemittelten Chaos-Charakteren. Und mit jeder Menge guter Laune.

Dabei bedienen die zwei Schundmäuler wie seit Jahr und Tag die üblichen Klischees: Dragan und Alder überbieten sich gegenseitig in ihrer Debilität, die „Assi-Ossi-Tussis“ Peggy und Sandy aus der Plattenbausiedlung in ihrer Gebärfreudigkeit und ihrer Naivität. Letztere dienen aber immerhin dazu, ein paar leise Sticheleien gegen die rechte Szene zu setzen, auch wenn Mundstuhl bei ihrem letzten Besuch vor etwa einem Jahr noch weitaus deutlicher waren. Inzwischen sind die Probleme von Peggys Nazi-Sohn Justin nur noch eine Randnotiz. Schade. So obliegt es denn den verpeilten Fruktarier-Friedensaktivisten Torben und Malte alias No Pressure, mit dem Mitmach-Lied „Nett Zu Dunkelhäutigen Menschen“ ein Zeichen zu setzen, die rechte Front des Saals zum Mitsingen aufzufordern und auch kurzerhand noch den Familienzuzug zu regeln. Leider sind derart subversive Pointen (zumindest für Mundstuhl) im Programm rar gesät. Lieber lassen Lars und Ande, die zumindest noch über sich selbst lachen können, den Aggro-Andi aus seinem Zwinger, diesen Hochleistungs-Choleriker mit der Bissigkeit eines Pitbulls auf Steroiden. Oder präsentieren die Würdelosigkeit des Maurer- beziehungsweise Gärtner-Dekolletés samt Anschauungsexemplar auf offener Bühne. Dazu noch ein paar eher alberne Videos, schon sind die 90 Minuten gefüllt. Am Ende ist alles gesagt und gezeigt, Peggys und Sandys „Söftdrink“-Wink sogar mehrfach. Und auch wenn das Publikum noch nach Zugaben giert, ist doch irgendwann die Luft raus. Zumindest bis zum nächsten Mundstuhl-Erguss.

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