Salut Salon: Liebe in allen Variationen

Vier Damen im Liebesrausch, gefangen zwischen Begehren und Enttäuschung, Hoffnung und Resignation: Salut Salon, das charmante Quartett mit dem Hang zu wilden Interpretationen klassischer Stücke, befindet sich ganz im Bann der Emotionen. Was durchaus seinen Reiz hat. In der Oper Bonn gehen Angelika Bachmann und Iris Siegfried (beide Geige) sowie Cellistin Sonja Lena Schmid und Pianistin Anne-Monika von Twardowski so immerhin auf einen Parforce-Ritt durch alle nur denkbaren Lob- und Warn-Gesänge vor den Schlingen der „Amore“, spannen ein Netz von Argentinien über Deutschland und Österreich bis hin nach Georgien, Norwegen und Russland und schaffen so einen musikalischen Abend, in den man sich ohne weiteres verlieben kann.

Wie üblich scheuen sich die vier Grazien nicht vor anspruchsvoller Literatur. Sergei Prokofjew erklingt ebenso wie Edvard Grieg, und auch der von den Damen verehrte Astor Piazzolla darf nicht fehlen, dessen Werke der Dichter Pablo Neruda einst als „Musik der Fehler und Verwirrungen der Menschen“ charakterisierte. Dass bei diesen furiosen Darbietungen die Geigenbögen mitunter ganz schön Haare lassen müssen, bleibt natürlich nicht aus, zumal sich vor allem Angelika Bachmann ohne Hemmungen in die derart erschlossenen Gefühlswelten fallen lässt, während sich ihre Kollegin Iris Siegfried nicht ganz so stark exponiert, dafür aber häufiger mal ans Mikrofon tritt. Denn neben den Instrumentalwerken kommen auch polnische, jiddische und auch deutsche Volkslieder in wunderschönen Arrangements zu ihrem Recht, allen voran das herrliche „Es soll sich der Mensch mit der Liebe nicht abgeben“ aus dem 18. Jahrhundert. Dabei darf sich Anne-Monika von Twardowski auch mal für einen kurzen Moment von den Tasten entfernen, darf plattdeutsch „Ik heff di veel to leev“ singen und sorgt damit für einen der anrührendsten Momente des Abends.

Die bemerkenswerte Bandbreite und die hohe musikalische Qualität gehörten schon immer zu den Markenzeichen von Salut Salon. Von Barock bis Rock spielen die Damen alles, leidenschaftlich, energiegeladen und virtuos. Also alles so wie immer? Nicht ganz. Denn die komödiantischen Elemente, die frühere Programme des Quartetts maßgeblich geprägt haben, sind bei „Liebe“ ein wenig zurückgefahren worden. Gut, vielleicht wirkt das auch nur so, weil die meisten Moderationen ein wenig steif wirken, die gespielten Streitgespräche arg gekünstelt und die Anspielungen bemüht. Wirklich unterhaltsam sind somit nur die bezaubernden Auftritte von Puppe Oskar, der mal mit Cellistin Sonja Lena Schmid im Duett spielt, mal auf dem Klavier mit einem Mini-Akkordeon Charlie Chaplins „Smile“ anstimmt und dabei so wunderbar melancholisch wirkt, dass er jeden im Publikum anrührt. Ach ja, und natürlich die beiden Inszenierungen, die die jeweiligen Programmteile abschließen. Wenn Schmid mit ihrem Cello ihre beiden Streicher-Kolleginnen zu einem Krimi-Medley aufspießt (warum dabei die Titelmelodien von „Bevery Hills Cop“ und „Akte X“ zitiert werden, erschließt sich dabei mit Blick auf das Liebes-Thema allerdings nicht so ganz) und am Ende durch einen lauten Knall aus Richtung des Flügels zur Strecke gebracht wird, bleibt kein Auge trocken. Und wenn sich das Quartett gegen Ende ihres Programms durch einen Wust populärer Liebeslieder wühlt, nachdem es zuvor schon „Time To Say Goodbye“ mit zwei singenden Sägen persifliert hat, ist das Publikum erwartungsgemäß aus dem Häuschen. Diese Momente entschädigen für so manche trockenen Zwischentöne, die angesichts des akustischen Genusses ohnehin nur für einen Sekundenbruchteil irritieren – dann verfällt man wieder Salut Salon. Und alles ist gut.

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