Oblivion Express: Goldstimme trifft Silberfinger

Brian Auger gilt als einer der besten Fusion-Keyboarder der Welt, ein Meister der Tasten und eine lebende Legende. Ein Mann mit Silberfingern, der auch im fortgeschrittenen Alter die unglaublichsten Melodien aus seiner Hammond-Orgel perlen lässt. Klingt übertrieben – doch wer einmal das virtuose und energiegeladene Spiel des 78-Jährigen aus nächster Nähe erlebt hat, kann gar nichts anderes mehr sagen. Außer „Wow“. Am vergangenen Freitag hat Auger nun mit seinem Oblivion Express erneut in der Harmonie Halt gemacht, um seinem Ruf in dem „Zentrum der progressiven Musik“ (so Auger) gerecht zu werden und dem Jazzrock zu frönen. Was dank einer exzellenten Band und vor allem dank eines herausragenden Sängers ein Genuss erster Güte war.

In gewisser Weise war das Konzert auch ein Treffen der Generationen: Augers Sohn Karma an den Drums und Travis Carlton (Sohn des ehemaligen Crusaders-Gitarristen Larry Carlton) am Bass trieben Auger mit ihrem druckvollen Spiel zu Höchstleistungen an, die dieser nahezu mühelos aus dem Ärmel schüttelte und dabei rund 20 Jahre jünger wirkte. Er war es, der die Bühne beherrschte – er und Alex Ligertwood. Der Mann mit der Goldstimme, der schon Anfang der 70er im Oblivion Express mitfuhr und der später 15 Jahre lang die Lieder von Carlos Santana veredelte, erwies sich bis in die hohen Lagen hinein als brillant und klar, kraftvoll und schlichtweg atemberaubend. Ob bei Augers Komposition „Sundown“ (die ihr Schöpfer augenzwinkernd dem Universum zuschrieb) oder dem durch Danny Hathaway berühmt gewordenen Blues „I Love You More Than You'll Ever Know“, Ligertwood legte die Messlatte ganz oben an und schraubte sich dann kurzerhand noch höher. Und die Band? Machte mit. Großartig etwa Carltons minutenlanges Intro zu „Don't Look Away“ oder die präzisen Einwürfe von Auger junior bei verschiedenen Gelegenheiten. Die perfekte Basis für Brian Auger, der wie ein Wahnsinniger über die Tasten jagte, Solo an Solo setzte und dennoch das Publikum nie aus den Augen verlor. Der Kontakt mit den Fans, für den sich die „heftig metal deutsch“-Kenntnisse als äußert nützlich und unterhaltsam erwiesen, belebte ihn mindestens ebenso sehr wie das Grooven auf der Bühne. Galt auch umgekehrt. Die Begeisterung schien grenzenlos, befeuert durch Soul, Funk, Jazz und Rock aus längst vergangenen aber immer noch nachwirkenden Tagen. Von „Oblivion“, von Vergessenheit keine Spur. Dafür gibt es einfach keinen Grund. Und auch wenn das Konzert irgendwann zu Ende gehen musste, dürfte sich das Publikum an diesen Abend mit dem Express noch lange erinnern.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0