Axel Prahl: Lieder von Liebe und Mehr

Es geht doch nichts über ein gemeinsam gesungenes Lied. Vor allem dann nicht, wenn jemand wie Axel Prahl vorne auf der Bühne den Musiklehrer mimt und das Publikum mit augenzwinkernder Gnadenlosigkeit auf Linie bringt. Bei ihm darf eben zwischen die Achtel kein Blatt Papier passen und niemand das Tempo verschleppen – auch nicht die „Kinder des Olymp“ auf den Rängen, die der beliebte „Tatort“-Kommissar und Sänger aus Leidenschaft ganz besonders fordert. Eine harte Schule. Aber das Ergebnis spricht für sich. Ausgelassen singt jeder in der Bonner Oper den vorgegebenen Vers, folgt dem enthusiastischen Dirigat Prahls und lässt sich von dem charismatischen Schauspieler samt seinem neunköpfigen Insel-Orchester nur zu gerne mit auf eine musikalische Reise über die Klangmeere nehmen, die von Schlager bis Rap alles umfassen.

Wer nur zu Prahls Konzert in der Oper gekommen ist, um dessen Album „Blick aufs Mehr“ einmal live zu erleben, muss sich zunächst ein wenig gedulden. Die erste Hälfte des Abends wird vielmehr aus einer bunten Mischung aus eigenwilligen Cover-Songs und chartmanten Kompositionen von Keyboarder Danny Dziuk dominiert, derer sich Prahl mit einer gehörigen Portion Schalk im Nacken annimmt. Bei „Summertime“ groovt der 57-Jährige noch alleine, so wie in seiner Jugend, als er mit seinem Gitarrenspiel und seiner markanten Stimme die Mädels zu beeindrucken versuchte. Was ihm damals seltsamerweise nicht so recht gelang, wie er gesteht. An der Musik kann es auf jeden Fall nicht gelegen haben. Am fehlenden Witz auch nicht. Wer Roy Blacks „Du bist nicht allein“ in einer tiefschwarzen Interpretation irgendwo zwischen Country und Grunge darbieten kann, ohne mit der Wimper zu zucken, der müsste es auch fertigbringen können, dass ihm die Frauen zu Füßen liegen. Oder zumindest zu seinen Füßen sitzen, so wie jetzt eben in der Oper.

Zugegeben, manchmal dreht auch Prahl mehr als nur ein bisschen auf. Bei Dziuks ironischem „Ich bin zu alt“ zieht er sich sogar die Weste über den Kopf und veräppelt rappend Bushido, lässt das Metal-Zeichen in der rechten Hand auf und ab wippen und greift tief in die Kiste mit den Klischees. Aber Prahl schafft dies, ohne peinlich zu werden. Seine Albernheit scheint aus dem Spaß zu erwachsen, den er auf der Bühne hat, und den nimmt man ihm ohne zu zögern ab. Die Gitarre im Arm, das Orchester im Rücken und eine Melodie auf den Lippen – das genießt Prahl sichtlich. Das Publikum auch.

Erst nach der Pause stehen schließlich die Lieder von „Blick aufs Mehr“ auf dem Programm. Nicht alle, aber doch die meisten. Das starke „Reise Reise“, die abgedrehte und in zahlreichen Soli ausartende „Polonaise Internationale“, die zauberhafte Alliterations-Ballade „Wilde Welle“ und natürlich die diversen Liebes- und Beziehungslieder, mit denen Prahl seinen Verflossenen gedenkt. Natürlich werden dabei die üblichen Weisheiten hervorgekramt, das „Ich bin nun mal so, wie ich bin“ ebenso wie die Erkenntnis, dass an einer zerbrochenen Beziehung nun einmal nicht nur einer schuld ist. Kennt jeder. Akzeptiert aber keiner. Insofern ist es nachvollziehbar, dass Prahl diese Themen erneut aufgreift und auf seine eigene Art und Weise verarbeitet. Und die ist wirklich wunderbar. Mal mit dezenten Chansonklängen wehmütig klagend („Wieso bist du immer noch da“), dann wieder im Zirkus-Swing Gas gebend folgt eine Song-Perle nach der anderen. Das Orchester brilliert, Prahl ohnehin. Die Melancholie steht ihm fast noch besser zu Gesicht als die Ausgelassenheit, die eindringlichen, intensiven Melodien verleihen ihm noch mehr Tiefgang. Auch wenn man den augenzwinkernden Spitzbuben-Charme nicht missen möchte und sich schon jetzt aufs nächste Mal freut. Immerhin arbeiten Prahl und Dziuk derzeit bereits an einer neuen CD. Und kommen danach hoffentlich zusammen mit dem Orchester wieder nach Bonn. Und sei es nur für ein gemeinsam gesungenes Lied.

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