Beethovenfest 2017: Liebe, Meer und Tod

Selbst die ferne Geliebte muss am Ende vergehen: Mit einem bemerkenswerten Konzert der Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Jakub Hrůša ist das Beethovenfest 2017 am vergangenen Sonntag zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen. Geschickt verknüpfte das Orchester im World Conference Center Bonn (WCCB) die Liebe, die ein zentrales Motiv des diesjährigen Festivals war, mit dem Meer und vor allem dem Tod, die schon im ersten Werk des Abends, Ernest Chaussons symphonischer Dichtung „Poème de l'amour et de la mer“, aufeinandertrafen und insbesondere die Zeit bis zur Pause beherrschen sollten. Sopranistin Betsy Horne versah die Verse Maurice Bouchors mit strahlendem Ton, der sich leider in der ungünstigen Akustik des Raumes nicht zu voller Pracht entfalten konnte. Die Bamberger erwiesen sich derweil als so souverän wie eh und je, herrlich differenziert spielend und zwischen majestätischem Glanz und bedrückender Schwermut mühelos wechselnd.

Nach einem für Publikum und Orchester gleichermaßen anstrengenden „Lontano“ von György Ligeti, dessen kaum greifbare Klangflächen durch den Saal waberten, immer wieder Bewegungen und Strukturen andeuteten und dann doch letztlich wieder ins Nichts entschwanden, war „La mort de Cléopâtre“ eine ästhetische Wohltat. Vesselina Kasarova verlieh der Partie eine herausragende Zerrissenheit, spielte sie nicht nur stimmlich, sondern auch gestisch aus und erhielt für ihre Interpretation des Klagegesangs zu Recht großen Applaus und viele Bravo-Rufe, ebenso wie das erneut brillante Orchester. Das setzte schließlich mit Franz Schuberts Großer Symphonie einen Schlusspunkt nach Maß, der zugleich aus dem Totenreich der ersten Hälfte hinausführte und Hoffnung auf eine blühende Zukunft machte.

Die hat das Beethovenfest auch insgesamt verzeichnet. Das anfangs skeptische Publikum zeigte sich im Großen und Ganzen sehr mit dem Programm zufrieden, das Intendantin Nike Wagner unter dem Motto „Ferne Geliebte“ zusammengestellt hatte. Obwohl die Voraussetzungen nicht optimal waren, vor allem da die sich in der Sanierung befindliche Beethovenhalle als Hauptspielstätte entfiel und das WCCB nur einen unzureichenden Ersatz bot, scheint das Konzept eines konzentrierteren Festivals mit einer Öffnung kleinerer Räume ein vielversprechender Weg zu sein. Nach offiziellen Angaben war rund ein Drittel der 55 Konzerte ausverkauft, die Auslastung lag über 70 Prozent – eine leichte Steigerung zum Vorjahr, auch wenn noch Luft nach oben ist und das Beethovenfest gerade mit Blick auf das Jubiläumsjahr 2020 Stadt und Bürger noch mehr motivieren müsste. Immerhin hat es sich unter anderem mit dem Public Viewing des Eröffnungskonzerts wieder mehr in die Stadt geöffnet, während die Einbeziehung der Tanz-Sparte, die Wagner schon in den vergangenen Jahren erfolgreich angeregt hat, auch in diesem Jahr wieder für Höhepunkte gesorgt hat. Doch die heiße Phase für 2020 steht erst noch bevor. Im kommenden Jahr hat das Beethovenfest vom 31. August bis zum 23. September die letzte große Chance, um den nötigen Schwung für den Geburtstag des größten Sohnes der Stadt zu sammeln. Das scheint auch Nike Wagner bewusst zu sein – als neues Motto steht nichts geringeres als das „Schicksal“ bereit.

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