Herbert Knebels Affentheater: Altherrenwitze im Schlafrock

Ach ja, damals. In den guten alten Zeiten, als sich die Musik noch ausschließlich auf dem Plattenteller drehte, die großen Hits grundsätzlich die A-Seite besetzten und Herbert Knebel (Uwe Lycko) und seine Freunde so heiß waren, dass sie ihre vulkanisch-eruptiven Triebe in einer Eisdiele auf ein für alle Beteiligten erträgliches Maß herunterkühlen mussten, war die Welt noch in Ordnung. Dank guter Rockmusik und dem ein oder anderen Pinocchio-Becher. In der Bonner Oper, in der der Ruhrpott-Nörgler mit seinen gealterten Kumpanen sein Affentheater aufführt, fehlt dagegen beides. Kein Eis und keine Energie, stattdessen Altherrenwitze im Schlafrock und dröge Umdichtungen großer Hits – das mag zwar für manche als Ausbruch aus dem „Korsett des Alltäglichen“ gelten, wie Knebel die Eskapaden seiner „Männer ohne Nerven“ bezeichnet, ist aber letztlich vor allem jede Menge heiße Luft.

Natürlich gehört eine gewisse Trägheit und ein gespielter Dilettantismus zum Konzept von Herbert Knebels Affentheater. Vor allem Detlef Hinze alias der Trainer, ein schüchtern-unbedarfter Kindskopf mit nervtötender Naivität, kann am Schlagzeug nicht auf einmal zum Tier werden, ohne seine Figur ad absurdum zu führen – andererseits setzt er ebenso wie Gitarrist Georg Göbel-Jakobi (Ozzy Ostermann) und Bassist Martin Breuer (Ernst Pichl) seine Rolle als versumpfter und verpeilter Möchtegern-Musiker dermaßen bemüht um, dass ein paar neue Impulse gar nicht so schlecht wären. Sowohl im theatralen als auch im musikalischen Spiel. Ein bisschen mehr Lässigkeit und Authentizität haben noch niemandem geschadet. Und ein bisschen mehr Druck ebenso wenig. „Wir tun euch jetzt rocken“, hatte das Quartett zu Beginn noch versprochen, doch erst nach einer halben Stunde dreht die Rentner-Gang tatsächlich etwas auf, treibt bei „Johnny B Goode“ endlich einmal nach vorne und lässt erstmals so etwas wie Leidenschaft erkennen, auch wenn die Tanzeinlage von Ozzy Ostermann noch „die Grazie einer jungen Seekuh“ hat, wie Knebel zutreffend bemerkt. Zumindest ist das ein Anfang. Wenn jetzt noch die Texte unterhaltsamer würden, wäre viel gewonnen.

Doch dazu kommt es nicht. Regionalexpress-Protestsongs, eine Ode an die Currywurst („Du Fleisch im Darm, du hast viel Charme“) und eine gesungene Absage ans Altersheim lassen das Publikum zwar jubeln, lassen aber zugleich solide Pointen vermissen. Gleiches gilt für die Solo-Einlagen Knebels, in denen dieser unweigerlich in Katastrophen endende Alltagsbegebenheiten Revue passieren lässt. Mal schleift er Ehefrau Guste, „das kleine Delfinchen“, fröhlich ins Hallenbad, ohne von ihren nicht vorhandenen Schwimmkünsten zu wissen; dann wieder probieren die beiden den neuen Inder an der Ecke aus, dessen feurige Würze Guste auf das Niveau eines Hundes reduziert; und auch der sommerliche Besuch im Schuhgeschäft bleibt nicht folgenlos. Zugegeben, mitunter sind die Geschichten durchaus lustig, zumal Knebel seine Gattin immer wieder genüsslich in genau jenes Fettnäpfchen treten lässt, das er für sie bereitgestellt hat – aber allzu oft sind sie auch einfach nur peinlich. Gags von gestern, die vom Publikum noch goutiert werden, eigentlich aber schon ranzig sind. Tja, früher war auch das Affentheater schon mal besser. Wilder. Pointierter. Aber egal: Die Besucher jubeln trotzdem. So wie damals. Dann muss man ja auch nichts ändern.

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Kommentare: 1
  • #1

    Thomas (Dienstag, 16 Januar 2024 11:22)

    Danke für die Kritik.
    Ja ich war auch da und habe es mir angeschaut. Anschauen trifft es, da ich zum Lachen nicht kam. Ringsum fingen Leute an zu lachen und ich fragte mich warum man bei Sätzen die alte Gassenhauer sind und die man schon zig mal im Leben gehört hat auf einmal wieder lustig sind. Ein Beispiel war irgendwie so etwas wie ach heute sehen doch alle Autos gleich aus. Das Publikum feierte, ich verstand nicht warum. So etwas hat man doch schon zig Jahre zig Mal gehört. Wenn es ein älterer Herr sagt, kann man es verstehen, wenn ein Mann, der sich alt verkleidet und es sagt und das ein Witz sein soll ist es, naja. Ich versteh es jedenfalls nicht. Zu mehr als ein Kopfnicken hat es nicht gereicht. Es ist kein Wortwitz da sondern einfach eine Widergabe von alt bekanntem. So war es dann die ganze Show über. Man braucht schon ein speziellen Humor oder man geht ins Original, ins Seniorenheim und hört sich die Geschichten von Originalen an. Also schwierig wie ich fand und das sage ich als sehr humoristischen Mensch, der Probleme in Kauf nimmt für eine lustige Pointe am Tag. Aber vielleicht habe ich eine andere Erwartung an Witze, vor allem mit Überraschungseffekt.