Helmut Schleich: Mörderische Ehrlichkeit

Wie gut, dass die Bestie vom Dodlbach nicht den gesamten Abend gestaltet hat. Nur den Anfang, bevor die ganzen Aufregerthemen das Blut in Wallung bringen, und das Ende, als sich alles wieder beruhigt hat. Ein Glück. Sonst hätte es im Pantheon wohl Tote gegeben. In den Augen des bayrischen Massenmörders wäre das nur konsequent gewesen. Immerhin hat er schon seine nervende Frau erschossen, den immer zu spät kommenden Postboten, einige Nörgler und auch den Wirt der Eckkneipe, auch wenn letzterer nur ein Kollateralschaden war. Was würde wohl passieren, wenn dieses ehrliche Monster mit den echten Problemen Deutschlands und der Welt konfrontiert werden würde? Wenn Namen wie Donald Trump und Jean-Claude Juncker fallen würden, wenn er sich über verlogene Banken, den Wert der Alten als Patienten und das traurige post-Straußsche Bayern in Rage reden könnte? Da ist es doch besser, wenn Helmut Schleich das übernimmt. Dessen bissige Argumente und messescharfe Analysen sind schon schmerzhaft genug – aber wenigstens nicht tödlich.

Der 49-jährige Schongauer liebt den Tanz im Minenfeld der Ehrlichkeit. Mit seinem drei Jahre alten, in einigen Passagen aber grunderneuerten Programm rechnet er rigoros mit Lebensmittelspekulanten und Kirchenoberen ab, mit Kriegstreibern und Kredithaien, mit windigen Präsidenten und unterqualifizierten EU-Kommissaren. Dabei schlüpft er genüsslich von einer Rolle in die andere, hat neben seiner Bestie unter anderem noch den Stammtischschwätzer Freddy dabei, der auf jede Spam-Mail hereinfällt, und auch den uralten  Heinrich von Horchen, der schon Jopi Heesters unterrichtete und sich in der Welt bestens auszukennen glaubt. Letzterer ist übrigens die schwächste Figur in Schleichs fiktiver Entourage, ein absurder Clown mit massivem Sprachfehler, der eindeutig von Rainer Pauses Alter Ego Fritz Litzmann inspiriert worden ist – nicht ohne Grund, immerhin hat der Ober-Pantheonike bei diesem Programm Regie geführt. Die überbordenden Verhaspler und Versprecher nehmen allerdings nach kürzester Zeit zu viel Raum ein und verhindern eine klare Linie, die Schleich ansonsten weitgehend zu ziehen vermag. Ob man die nun mag oder nicht. So positioniert er sich klar gegen den Euro, der niemals hätte eingeführt werden dürfen, wundert sich über die Aufregung hinsichtlich Trumps Äußerungen zur „obsoleten“ Nato, obwohl der damit nur eine ur-grüne Aussage bekräftigt, lacht zynisch über den ehemaligen Investmentbanker Emmanuel Macron, der nun Europa retten soll, und nimmt sich vor allem Zeit für eine Abrechnung mit der bayrischen Politik. Also mit der CSU. Und wer könnte sich dazu besser äußern als Franz Josef Strauß höchstselbst, den der Kabarettist posthum und ad hoc auf die Bühne klettern und unter dem Einfluss einer Dornkaat-Schorle ein ehrliches Wortgewitter beschwören lässt. „Hinter der Maske des Witzes versteckt sich die Fratze der Erbärmlichkeit“, sagt dieser. Wie wahr. Manchmal, nur manchmal, kann man nach derartigen Enthüllungen sogar die Bestie vom Dodlbach verstehen. Di war wenigstens ehrlich. Und konsequent.

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