„Accidental Death of an Anarchist“: Solo des Wahnsinns

In einer verrückten Welt braucht es mitunter einen Wahnsinnigen, um die Ordnung wieder herzustellen. Oder es zumindest zu versuchen. Einen wie den ebenso genialen wie verrückten Namenlosen, der in Dario Fos Farce „Accidental Death of an Anarchist“ ein komplettes Polizeipräsidium narrt und langsam aber sicher um den Verstand bringt, während er die Hintergründe des titelgebenden Unglücks aufzudecken versucht und seinen Spaß daran hat, eine Geschichte nach der anderen zu konstruieren, bis selbst die Beamten Wahrheit und Fiktion nicht mehr auseinanderhalten können. Nun haben sich die Bonn Players einer englischsprachigen Adaption des Stückes angenommen – und dank eines überragenden Hauptdarstellers in der Brotfabrik die Lachmuskeln einem amtlichen Stresstest unterzogen.

Fergus Moloney mimt den Wahnsinnigen mit unübertrefflicher Brillanz. Die Augen glitzern und funkeln, während sich ein nicht enden wollender Wortschwall über seine Lippen ergießt und das Ensemble-Stück so zu einem zweieinhalbstündigen Solo mutiert. Alle Nebenfiguren zusammen haben nur einen Bruchteil des Texts, den Moloney präsentieren muss, und doch beherrscht er seine Zeilen perfekt, die Pointen auf den Punkt setzend und das Spiel sichtlich genießend. Was für eine Meisterleistung! An diesem Abend ist Molony sämtliche Mitglieder von Monty Python auf einmal, ebenso wie die Grinsekatze, der Märzhase und der Hutmacher. Eine Kombination, die erstaunlich gut zusammenpasst. Auch wenn dies zumindest im Stück völlig anders gesehen wird. Denn vor den Einfällen des Wahnsinnigen ist keiner sicher: Erst bringt er Inspektor Bertozzo (Michael Nyandieka) an den Rand eines Nervenzusammenbruchs, dann taucht er als vermeintlicher Richter bei dessen Kollegen auf und nimmt sie bezüglich des verstorbenen Anarchisten in die Mangel. Die Widersprüche, in die sich Inspektor Penniston-Bird (Maria Herschbach-Bosisto) und der Superintendant (vor allem in ihren burschikosen Momenten stark: Afra Morris) so nach und nach verstricken und die wahnwitzigen Erklärungen, die Moloneys Figur ihnen dafür ans Herz legt, bilden ein Feuerwerk absurden Humors und verweisen doch zugleich auf die fröhlich konstruierten Fake News, die in der letzten Zeit durch die Medien geistern. Nach und nach kreiert der Wahnsinnige so eine neue Realität – bis eine staubtrockene Journalistin (Carrie Aßheuer mit einigen Textschwächen) und der zurückkehrende Bertozzo die Bombe platzen lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei entfernt sich die Inszenierung zwar zunehmend vom Original, bleibt bis zum Schluss eine gnadenlose Persiflage – die aber sollte man gesehen haben.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0