Dave Matthews & Tim Reynolds: Gefangen in der Reduktion

In gewisser Weise ist Dave Matthews im Urlaub. Erstmal seit 25 Jahren hat der US-Songwriter seiner legendären Band eine Pause diktiert, hat sich selbst von dem immer gleichen Jamrock-Sound distanziert und sich insgesamt ein wenig reduziert. Vielleicht sogar zu sehr. Nur er und sein langjähriger Gitarrist Tim Reynolds sind derzeit auf Tour, im Gepäck die üblichen Titel in Akustik-Versionen, die unter anderem auch im Kölner Palladium erklingen und rund 3000 treue Fans in Ekstase versetzen. Ganz schlicht: Zwei Männer, zwei Gitarren, ein Song für jedes Jahr der DMB. Kann man ja mal machen. So lange es funktioniert. Was leider nur zum Teil der Fall ist.

Dabei sind beide Musiker schon mal gut gelaunt, vor allem Matthews, der zwischen den Songs sein von trockenem Sarkasmus geprägten Anekdoten erzählt, seine eigenen Talente gerne mal in Abrede stellt und sich auf Deutsch für jenen Mann entschuldigt, den die US-Amerikaner zum Präsidenten gewählt haben. Dann wieder greift er zusammen mit Reynolds in die Saiten, vertieft sich in grandioses Gitarrengeschrammel mit virtuosen Einwürfen, während seine eindringliche Stimme, die immer wieder zwischen den Oktaven springt, sich in die zum Teil überaus gesellschaftskritischen Geschichten stürzt, die der ehemalige Barkeeper so meisterhaft zu formulieren weiß. Sein Bühnenpartner füttert das Spiel derweil mit passenden Verzierungen an, lässt mal ein paar Verzerrer-Effekte einfließen oder wendet sich feinen Pickings zu, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Dafür sind schließlich seine Solo-Stücke wie das leider etwas holprige „Tangled Web We Weave“ da, die Matthews zudem eine kleine Pause erlauben, bevor er sich wieder ans Mikrofon stürzt und von schlechten Filmen („Samurai Cop“), der Verfolgung der amerikanischen Ureinwohner („Don't Drink The Water“), Leidenschaft („Crush“) und Überwachung („Satellite“) singt. Also fast alles so wie immer. Doch so gut die einzelnen Stücke auch sind, so intensiv Matthews sie auch darbietet – irgendwas fehlt. Tiefe. Bandbreite. Klangfarben. Streicher-Sounds und Saxofonklänge, Abwechslung und Wucht. Eben jene Elemente, die die Dave Matthews Band geprägt und die sie so unglaublich erfolgreich gemacht hat. Matthews und Reynolds bemühen sich, dem gerecht zu werden, versuchen immer wieder Akzente zu setzen und bleiben doch in einer Art Sound-Tretmühle stecken. Schade. Das Publikum ist dennoch begeistert, genießt drei Stunden voller bekannter Songs in neuem Gewand und hofft, dass Dave Matthews bald wieder nach Deutschland kommt. Vorzugsweise mit Band.

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