Bukahara + LaBrassBanda: Barfüßiger Party-Brass

Es war eine lange Nacht. Und eine wilde. Eine, die geprägt war von Tanzen, Jubeln, Feiern – und von Blasmusik, gespielt von einer abgedrehten Truppe in Krachledernen. Nein, hat nichts mit dem Oktoberfest zu tun. Das kann ja nur eins bedeuten: LaBrassBanda waren zum „Over the Border“-Festival gekommen, um mit ihrem Alpen-Techno dem Publikum einzuheizen. Das ließ sich nicht lange bitten. Mehr als 2000 Menschen waren am vergangenen Samstag ins Telekom Forum gekommen, so viele, dass der eigentliche Saal (abbaubaren Wänden sei Dank) kurzerhand um das Foyer erweitert worden war. Alles war vertreten, vom begierigen Partyvolk bis zur Kleinfamilie, die der Band aus Bayern zum zehnjährigen Bestehen gratulieren wollte. Doch wer nur deswegen den Weg nach Beuel auf sich genommen hatte, musste sich zunächst in Geduld üben – und durfte sich von einem Kölner Quartett begeistern lassen.

Immerhin gehörte der erste Teil des Abends ganz Bukahara. Die Neofolk-Formation, die irgendwo zwischen Gypsy, Jazz, Reggae und arabisch gefärbtem Balkanbeat schwebt und diese Mischung mit einer Art Straßenkötercharme zu pflegen versteht, sorgte von der ersten Sekunde an für gute Laune. Die wollten nur spielen. Also spielten sie. Barfuß natürlich, mit Leichtigkeit, Nachdruck und beeindruckender Virtuosität. Bei Bukahara schien alles möglich, alles denkbar, selbst ein Duett zwischen Geige (Daniel Avi Schneider) und Posaune (Max von Einem), die wirklich hervorragend miteinander harmonierten. Dazu der herrlich groovende Bass von Ahmed Eid, der zudem mit einem arabischen Lied einen Höhepunkt setzte, sowie Gitarrist und Leadsänger Soufian Zoghlami, der am Anfang noch ein wenig blass wirkte, sich aber immer mehr steigerte und schließlich bei „No“, der neuen Single zum neuen Album, jeden im Saal in der Hand hatte.

Um 21.45 Uhr war dann endlich die Zeit für LaBrassBanda gekommen. Zeit zum Ausflippen. Das enorme Tempo von Bukahara konnte die ebenfalls barfüßige Hochgeschwindigkeitskapelle mühelos toppen, hämmerte mit Schlagzeug, Bass und Blech massive Techno-Beats in Richtung Publikum, ntz ntz ntz ntz, immer wieder, ohne dabei vorhersehbar zu wirken. Ständig wechselte die Stil- und die Fahrtrichtung, raste mal über eine Ska-Piste, schlitterte mitunter sogar kurzfristig in Jazz-Gefilde und war alles, nur nicht langweilig. Die späte Stunde störte keinen mehr, zumal die Band um Frontmann Stefan Dettl ohnehin keinen Platz für große Gedanken ließ. Nur für Emotionen und den vom pulsierenden Beat getriebenen Körper. Irgendwann dann die Fusion, LaBrassBanda plus Bukahara. Zwei Formationen, die sich kennen und schätzen. Gemeinsam eine Wucht. Und so war das Publikum schließlich, gegen Mitternacht, ebenso erschöpft wie glücklich. Was will man mehr?


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Kommentare: 1
  • #1

    Martin (Samstag, 08 April 2017 23:17)

    Toller Artikel, großartige Fotos! Gestern lief ja eine 2stündige Zusammenfassung auf WDRcosmo. Weißt du, ob man beim Sender an einen Mitschnitt des Konzerts kommt?

    Mach weiter so, Thomas!