Es ist eine Rückkehr in eine Zeit, als die Welt noch in Ordnung schien, als der deutsche Schlager noch das Gemüt beruhigte und ein heimeliges Familienbild stützte, das längst nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hatte: Im Pantheon haben zwei Drittel der Geschwister Pfister, Toni (alias Tobias Bonn) und Ursli (alias Christoph Marti), zum wiederholten Male die 70er Jahre auferstehen lassen und einigen der größten Ikonen der Nachkriegsunterhaltung mit liebevollem Augenzwinkern neues Leben eingehaucht. Die Bühne mit Chippendale-Kneipe und zwei Hinterzimmer-Garderoben trieft vor opulentem Kitsch, die überzuckerte Musik sowieso – und doch ist das Bild stimmig und passend für die große Peter-Alexander-Show, die an diesem Abend das Publikum unterhalten soll. Was dank der perfekten Mischung aus Nostalgie, Parodie und Hommage hervorragend funktioniert.
Während Bonn den berühmten Entertainer mit erschreckender Perfektion mimt, das Spitzbübische ebenso durchschimmern lässt wie eine gewisse Selbstverliebtheit und mit sonorer Stimme nahezu alle
Klassiker anstimmt, verkörpert Marti in erster Linie Mireille Mathieu – und schafft es, trotz eines schnarrenden, eher an Edith Piaf erinnernden Gesangs dem Spatz von Avignon mühelos gerecht zu
werden. Das Traumpaar des deutschen Schlagers, endlich wieder vereint. Wie schön. Dabei fällt es schwer, die Darbietung ernst zu nehmen, wenn die Gesten der Mathieu dank des herrlichen, niemals
peinlichen Spiels von Marti noch ein wenig ausschweifender werden und die Mimik noch ein wenig expressiver, etwa wenn die Chanseuse mit ihrem ausgeprägten französischen Akzent hocherhobenen
Hauptes an Hasso dem Hofhund verzweifelt; die wirkliche Absurdität der Show zeigt sich jedoch darin, dass Bonn auf derartige Überzeichnungen verzichten kann. Er verwendet nur
Alexander-Original-Conférencen, zitiert lediglich und schafft damit doch die beste Parodie.
Der Reigen der Schlagerstars endet jedoch nicht etwa mit Peter Alexander und Mireille Mathieu: Er beginnt erst. Vor allem Marti liebt den Wandel, stürmt auch mal als Heintje oder Roy Black auf
die Bühne, während Bonn lediglich eine Verwandlung durchmacht, die aber dafür umso brillanter ist. Seine Anneliese Rothenberger hat etwas von „Tootsie“, ist aber stimmlich voll auf der Höhe.
Toll, ebenso wie das begleitende Jo Roloff Trio, das mühelos selbst die schmalzigsten Lieder zu etwas Besonderem macht. Das Publikum ist denn auch zu Recht begeistert und bejubelt einen Abend,
der ebenso als Traumabewältigung wie auch als nostalgische Erinnerung dienen kann, gerade weil er niemanden vorführt und sich doch selbst nicht wirklich ernst nimmt.
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