Fred Kellner: Funk-Eskapaden der Family Soul

„Party On, Fred!“ Mit diesem zugegebenermaßen zweckentfremdeten „Wayne's World“-Zitat ist eigentlich alles gesagt. Wenn Fred Kellner mit seinen Soul-Brüdern, -Schwestern und -Nichten in die Harmonie kommt, die Horny Horny Horny Horns und die SuperSonic Silver Strings sich dem Funk hingeben und Sänger in gleißendem Weiß der Menge einheizen, ist jeder Gedanke an etwas anderes als wilde musikalische und tänzerische Ekstase eigentlich hinfällig. Die Harmonie ist erwartungsgemäß gerammelt voll, begeisterte Jünger erwarten sehnsüchtig die Botschafter der guten Laune.

Kaum zu glauben, dass dies einmal anders gewesen sein sollte. Doch gerade an diesem Abend, der nach eigenen Angaben das 25. Konzert in Endenich umfasst, muss Fred Kellner einen kurzen Blick in die Vergangenheit werfen, als die Menge aus unerfindlichen Gründen noch deutlich überschaubarer und die Band noch nicht eine feste Institution während der Karnevalszeit war. Früher war eben nicht alles besser. Quasi als Beweis fährt die Funk-Kapelle fast alles auf, was sie hat, feiert mit zwei jungen charmanten Sängerinnen sogar eine Premiere – und muss letztlich nur auf eine zentrale Stimme verzichten.

Tatsächlich kommt Fred Kellner in diesem Jahr nur mit einer famosen Soulsister in die Harmonie: Da Entertainerin Anke Engelke, die sonst zusammen mit ihrer Schwester Susanne den Ton angibt, als Moderatorin auf der Berlinale weilt, muss es auch mit halber Kraft gehen. Was dank jeder Menge Feuer erfreulicherweise kein großes Problem darstellt. Susanne Engelke begeistert auch alleine mit einer fantastischen Bühnenpräsenz und lässt zusammen mit den beiden heißen Wonder Women des Soul (bestehend aus der bezaubernden Voice-of-Germany-Viertelfinalistin Bianca Aristia und der strahlenden, ebenso Jazz- wie Funk-versierten Tsega Tebege) keine Wünsche offen. Und als ob das nicht schon Abwechslung genug wäre, tritt immer wieder auch Fred Kellner ans Mikrofon. Und Fred Kellner. Und Fred Kellner. Der Mann, der so vielseitig ist, dass er an neun Stellen gleichzeitig sein kann, Gitarre, Keyboards, Bass, Trompete sowie zwei Saxofone parallel spielt und natürlich auch diverse Gesangspartien übernimmt. Mal tritt er als Buddha des Souls in Erscheinung, mal Sonnyboy mit meterlangen, schwingengleichen Fransen, gerne auch als moderierender Bassist mit einem Hang zu Superlativen. Andererseits, wer will letzterem auch widersprechen, wenn er den absoluten Höhepunkt des Abends mindestens ein halbes Dutzend Mal ankündigt? Er hat ja recht.

Fast zweieinhalb Stunden nimmt sich Fred Kellner mit knackig-frischem Bläsersound, exzellenter Rhythmusgruppe und gelegentlichen Streicher-Einwürfen der Soul-Nichten den Hits der 70er und frühen 80er Jahre an, ohne dabei allerdings allzu vorhersagbar zu sein. Natürlich erklingen Songs von Earth, Wind & Fire, Stevie Wonder und Chaka Khan (wenn auch eher Titel, die nicht sofort angesichts dieser Namen ins Gedächtnis gerufen werden), aber auch Stücke von George Benson – und vom kürzlich verstorbenen Al Jarreau. Das Publikum, ohnehin schon betrunken von so viel Euphorie, weiß gar nicht, wie ihm geschieht. „Crazy Bonn“, wie einer der Freds irgendwann sagt. Doch schließlich muss man so einen Abend genießen, zumal die Band ohnehin nur wenige Konzerte pro Jahr spielt und man sich somit für ein komplettes Jahr mit einer ordentlichen Dosis Funk vollsaugen muss, während gleichzeitig der Schweiß in Strömen rinnt. Das ist echtes Disco-Feeling – und darauf versteht sich kaum jemand so hervorragend wie Fred Kellner samt seiner großen Soul-Familie.

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