Morgens haben sie sich kennengelernt, Abends direkt ein Duo-Konzert gespielt: Das erste Zusammentreffen von Michael Wollny und Vincent Peirani vor nunmehr fünf Jahren muss Liebe auf den ersten Ton gewesen sein. Und auch wenn die beiden seitdem viel miteinander musiziert und in unterschiedlichen Besetzungen alle Facetten ihres Könnens offengelegt haben, ist dieses Gefühl nicht einer Routine gewichen. Ganz im Gegenteil: In der Kölner Philharmonie, in der Deutschlands derzeit populärster Jazzpianist einmal mehr auf den französischen Ausnahme-Akkordeonisten trifft, erweist sich der intime Tanz der Melodien, das gegenseitige Anregen und Anstacheln zu wilden Eskapaden und das elegische Versinken in Klangfluten als emotionales Spiel zweier vertrauter und doch beständig neugieriger Seelen.
Sowohl Wollny als auch Peirani reizen die Möglichkeiten ihrer Instrumente voll aus: Ersterer klettert gerne mal in seinen Flügel, um die Saiten direkt anzuschlagen, während letzterer es auch mal
knarzen und quietschen lässt, nur um kurz darauf wieder mit flirrenden Läufen das musikalische Tandem beschleunigt, darauf vertrauend, dass sein Bühnenkollege mithalten kann. Kein Problem.
Mitunter jagt Wollny federleicht über die Tasten, tupft sie nur an und lässt sich doch nicht vom mächtigen Akkordeon übertönen. Bei Thelonius Monks „I Mean You“ geht der 38-Jährige sogar völlig
aus sich heraus – stillsitzen ist an dieser Stelle völlig unmöglich, jedes Körperteil ist in Bewegung. Peirani dient derweil als physischer, wenn auch nicht melodischer Ruhepol. Dazu sind sie
sich einfach zu ähnlich. Beide eint eine Tonsprache, die sich der Klassik ebenso bedient wie der Filmmusik, dabei auch vor abstrakten Motiven nicht zurückschreckt und diese mit begnadetem
Geschick doch immer wieder mit Bedeutung, Struktur und Richtung versieht.
Die Bandbreite der präsentierten Stücke spiegelt diese Offenheit eindrucksvoll wieder. Neben Eigenkompositionen greifen Wollny und Peirani Jazzer wie Monk und Duke Ellington auf, aber auch Samuel
Barbers „Adagio for Strings“ und Björks „Hunter“ – alles radikal entkleidet und dann neu verziert, so dass oft nur noch der Geist des Originals mitschwingt. Dabei achten die beiden bei aller
Intensität darauf, die Stücke nicht zuzukleistern, sondern ihnen und auch sich den notwendigen Raum zu gewähren. Das Publikum ist dementsprechend verzückt und bedankt sich mit euphorischem
Applaus.
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