Hom + Fam: Extremes Spiel der Geschlechter

Hier Männer, die offenbar planlos durchs Leben stolpern, da Frauen, die beständig kreischend in einer beständigen Metamorphose zwischen Hexe, Huhn, Luder und Furie gefangen zu sein scheint: Die drei Choreographien aus den beiden Zyklen „Hom“ und „Fam“ des Ensembles tanzmainz, die die diesjährige Ausgabe des Internationalen Tanzfestivals „Into the Fields“ im Theater im Ballsaal eröffnen, greifen ganz tief in die Kiste mit den klischeehaften Rollenbildern und setzen diese in einer Mischung aus schrillen und grotesken, mitunter sogar überaus lustigen Ansätzen in Szene. Keine leichte Kost, zumal mitunter gar gängige Vorstellungen vom Tanz dekonstruiert zu werden scheinen. Doch am Ende kann man sich doch mit den Arbeiten anfreunden – nicht zuletzt dank eines ebenso herzhaften wie augenzwinkernden meditativen „Ohms“.

Wirklich greifbar ist keine der Choreographien, ohne Hintergrundinformationen ist eine Deutung des Gezeigten nahezu unmöglich. Vor allem „Power of the Mo/ve/ment“ ist angesichts zweier Tänzer, die sich über weite Strecken eher verkrüppelt denn elegant um sich selber drehen, kaum als Darstellung von wahrgenommener Männlichkeit zu identifizieren. „Beliefs“ erweist sich da schon als konkreter, spielt mit ins Extrem getriebenen weiblichen Emotionen, die Mariya Bushuyeva und Bojana Mitrović eindrucksvoll wiedergeben. Allerdings zerrt das kontinuierliche Stöhnen und Schreien an den Nerven. Die Frau wird nicht nur zur Furie, sondern auch zur Tortur. Doch wenn dadurch unweigerlich der Wunsch aufkommt, dass selbige endlich einmal schweigt, muss die Frage erlaubt sein, ob damit der Weiblichkeit nicht ein Bärendienst erwiesen wird. Das Publikum zeigt sich auf jeden Fall begeistert. Was ja auch eine Antwort sein kann.

Versöhnlich stimmt letztlich die finale Produktion „Ohm“, die dank herrlicher Komik und zahlreicher ungewöhnlicher kreativer Ideen den Höhepunkt des Abends bildet. Da zucken Männerhintern rhythmisch in der Luft, die Tänzer ebenso wie die Perspektive auf den Kopf stellend, dann wieder fordern Jackenaufschriften das Publikum zum kollektiven „Ohm“ auf, während sich beeindruckende Tanz-Miniaturen mit hundeähnlicher Unterwürfigkeit abwechseln. Schräg, ungewöhnlich, facettenreich – so kann Tanz Spaß machen. Das Publikum feiert auf jeden Fall alle drei Arbeiten, deren Schöpfer in den vergangenen Jahren von der Jury des europäischen Aerowaves Network zu den vielversprechendsten Vertretern ihres Fachs gekürt wurden, mit frenetischem Applaus.

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