René Steinberg: Die Macht der Blödheit

Welche Kraft ist es nur, die die Welt im Innersten zusammenhält? Die Liebe? Oder vielleicht doch eher die Blödheit? Eine schwere Frage, auch für René Steinberg. Der Kabarettist, der im Haus der Springmaus sein neues Programm „Irres ist menschlich“ präsentiert, hofft natürlich auf ersteres. Und fürchtet letzteres. Ein Blick auf die sozialen Medien reicht in der Regel aus – und wenn erst Blödheit, von Angst befeuert, zur post-faktischen Meinung mutiert, sind rationale Argumente ebenso wirkungslos wie das Gebot der christlichen Nächstenliebe. Dieser Entwicklung samt des Höhenflugs geistiger Brandstifter von Viktor Orban über Alexander Gauland bis hin zu Donald Trump will Steinberg daher nun die Stärkung des Gemeinsinns entgegensetzen. Auf seine Art. Mit kollektivem Lachen über kritische Themen. Was dank eines Breitband-Niveaus auch durchaus funktioniert.

Tatsächlich gelingt es dem 43-Jährigen, der beim WDR mit weitgehend sinnentleerten Sketchen wie „Die von der Leyens“, „Sarko de Funès“ und „Tatort mit Till, Herbert und Udo“ seit Jahren für Aufsehen sorgt, das Publikum innerhalb kürzester Zeit auf seine Seite zu bringen. Ein paar Fragen zu absurden Gemeinsamkeiten (bemerkenswert, wie viele im Saal ebenfalls mit Parkplätzen und Ampeln reden), dazu einige Anzeichen von Gag-Tourette (besonders angesichts der Schwangerschaft von Frauke Petry) und andere mitunter recht plumpe Pointen, schon kann er tun, was er will. Sogar einen willigen Gast aus dem Publikum in einen Gendarmen verwandeln, der ihm in einer inhaltlich völlig banalen, darstellerisch aber köstlichen „Sarko de Funès“-Nummer die richtigen Fragen stellt. Hauptsache, das Publikum amüsiert sich.

Dabei macht Steinberg kein Geheimnis daraus, dass er den Menschen als Humorressource begreift, vor allem wenn dieser scheitert – ähnlich argumentieren dummerweise auch all jene, die sich bei Clipshow-Formaten wie „Pleiten, Pech und Pannen“ an den oft schmerzhaften Unfällen anderer Menschen nicht sattsehen können. Ein fragwürdiger Ansatz, auch wenn Steinberg es ja wirklich nur gut meint und sich nicht zu schade dafür ist, sich persönlich zum Affen zu machen, etwa indem er seiner pubertierenden Tochter mit Tanz- und Gesangseinlagen droht. Was schon wieder so albern ist, dass man kaum ernst bleiben kann. Ziel erreicht. Immerhin: Statt Blödheit herrscht jetzt Blödsinn vor. Manchen mag das reichen. „Vernunft ist lange nicht so effektiv“, sagt Steinberg dazu. Stimmt. Irres ist eben tatsächlich menschlich.

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