Hamburg Blues Band: Adel verpflichtet

Die schlechte Nachricht vorweg: Die schottische Königin des Rock, Maggie Bell, war beim diesjährigen traditionellen Konzert der Hamburg Blues Band krankheitsbedingt nicht mit in der Harmonie. Dafür aber der englische König des Blues. So kündigte sich Chris Farlowe zumindest selbst an – und nach seinem exquisiten Auftritt während der zweiten Hälfte des Abends war man geneigt, dem 76-Jährigen zuzustimmen. Die Kraft und die Vielseitigkeit, die der Brite an den Tag legte, sorgten beim Publikum zu Recht für Begeisterung, ebenso wie sein Humor: Mal lästerte er über das deutsche Krankenhausfrühstück und das ein oder andere Tee-Verbrechen, dann wieder trillerte, surrte und keuchte er augenzwinkernd in Antwort auf ein Gitarren-Solo von Krissy Matthews, der mit seinem virtuosen Spiel schon im vergangenen Jahr den Klang der Hamburg Blues Band veredelt hat. Farlowe genoss diesen Austausch sichtlich. Das Publikum sowieso. Bei der Energie kein Wunder.

Weniger hätte man von der Band, die 2017 ihr 35. Bühnenjubiläum feiert, aber auch nicht erwartet. Die Formation um Frontmann Gert Lange ist ein Garant für starken, abwechslungsreichen Bluesrock, dabei ebenso ihren regelmäßigen Gästen Rechnung tragend wie ihren wechselnden, aber immer exzellenten Gitarristen. Dank Matthews mischen sich nun vermehrt rotzig-freche Funk-Elemente in den knackigen Sound der Nordlichter, ebenso wie ein paar Boogie-Rhythmen. Passt richtig gut. In der Harmonie jagte ein ekstatischer Ausbruch des 24-Jährigen den nächsten: Matthews zelebrierte seine Soli, statt sie einfach nur zu spielen, erwies sich einmal mehr als überzeugende Rampensau und eroberte sich sowohl auf der Bühne als auch in den Herzen der Fans mühelos seinen Platz. Lange, Bassist Michael Becker und Drummer Hans Wallbaum ließen ihn machen, stützten ihn und sorgten so bereits in der ersten Konzerthälfte für einige Höhepunkte.

Fast zweieinhalb Stunden lang feierten die Band und Chris Farlowe das beginnende neue Jahr, ihr eigenes Jubiläum und vor allem den Blues in all seinen Facetten, vom „Rattlesnake Shake“ über den „Stormy Mountain Blues“ bis hin zu Farlowes legendärer Cover-Version der Rolling-Stones-Nummer „Out of Time“, die Mitte der 60er sogar an die Spitze der britischen Single-Charts gestiegen war. Einziger Wermutstropfen war daher das fehlende royale Duett von Farlowe und Bell. Vielleicht im nächsten Jahr. Falls beide fit sind, wäre das durchaus denkbar. Immerhin: Adel verpflichtet.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0