Eigentlich hatte Martin Zingsheim ja Großes vorgehabt. Eine Rede zur Lage der Nation, ein Plädoyer gegen Ausbeutung und für mehr Gleichberechtigung. Wird aber nichts draus. Man soll schließlich nur von Dingen sprechen, von denen man auch was versteht und für die man sich wirklich interessiert. Und derart komplexe Themen? Nein danke. Also macht es sich der Kabarettist mit dem verschmitzten Lachen auf der Pantheon-Bühne eben einfach, spricht lieber über Frau und Kinder – und fordert, subversiv wie er eben ist, kurzerhand ein bisschen mehr Wahnsinn. Ein paar verrückte Aktionen, um die Mitmenschen um den Verstand zu bringen. Zum Beispiel mit Tempo 30 durch die 30er-Zone fahren. Oder das andere Geschlecht einfach mal gut behandeln, ohne dabei stolz auf Alice Schwarzer zu verweisen. Oder beim Bio-Fleisch mal genauer hinschauen: „Elektroschocks können Sie auch mit Ökostrom durchführen.“
Zingsheim ist ein Meister darin, Tiefsinniges im Absurden zu verstecken. Geschickt entlarvt er jene, die ihre Meinung statt mit Farbe nur mit Kreide auf eine Wand malen, damit man sie im Notfall noch ändern kann, und die die Revolte per Online-Petition fordern. Sitzblockade 3.0, am besten zu radikalen, aber zwingend tanzbaren Protestliedern. Diesen Sessel-Groovern setzt Zingsheim mit dem ihm eigenen „Kopfkino“ skurrile Einfälle entgegen – oder greift einfach zu den Waffen, die die Realität bereits bietet. Etwa dem Wahlprogramm der Grünen in einfacher Sprache, das als literarisches Narkotikum nahezu unschlagbar ist. So etwas prägt, ebenso wie die zunehmende Verrohung im Kindergarten. Kein Wunder also, dass kaum noch jemand vernünftig reden kann. Oder denken. Dabei zeigt Zingsheim immer wieder, was an herrlichen Wortspielen alles möglich ist, vom Urlaub auf den Psychoten über tiersprichwörtliche Konvolute bis hin zu seinen brillanten Liedern. „Man müsste halt etwas gewitzter sein“, sagt er zugleich. Andere ja. Zingsheim nicht.
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