Georg Ringsgwandl: Bayrischer Gagaismus

Von den Wänden schaut die ein oder andere Blues- und Rock-Legende auf die Bühne. Auf Georg Ringswandl, der dieser „Ahnengalerie“ in der Harmonie mit augenzwinkernder Ehrfurcht begegnet. „Was für ein Abstieg: Hier haben schon die Pretty Things gespielt, und jetzt so ein seltsamer Typ aus Bayern“, sagt er lachend. Dabei wird er bald selbst an einer der Wände hängen – dafür war der Auftritt des Alpenblues-Sängers und Ehren-Krattlers, der seinen Erfolg unter anderem auf kurzerhand angeeignete Zither-Literatur aus der Feder eines unbekannten Holzknechts zurückführt, einfach zu gut.

Ringsgwandl ist ein Mann von Welt und ein Mann der Provinz, einer, der den kleinen Leuten genau aufs Maul schaut und ihnen mit einer Mischung aus Ironie und Melancholie ein Ständchen singt, das ebenso oft liebevoll wie satirisch gemeint ist. Mal legt er zu Ehren des verstorbenen Prince einen Funk-Rhythmus unter einen Genesis-Bass und erhebt sich selbst ins Florence-Foster-Jenkins-Stirnhöhlen-Falsett, dann wieder vertont er den Fortsetzungsroman über eine Spargelkönigin, den er einst in der Heimatzeitung gefunden hat – und stets gelingt es ihm, diese Skurrilitäten nicht ins Lächerliche zu ziehen, sondern ihnen einen zärtlichen Klang zu verleihen. Immer wieder greift er zu einem entschleunigten Blues oder einem typischen Liedermacher-Konstrukt, das seine exzellente Band ganz dezent unterfüttert. Gitarrist Christoph Müller sorgt mit wunderbar zurückhaltenden Soli für akustischen Hochgenuss, Bassist Christian Diener für einen konstanten Groove und Drummer Tommy Baldu, der meist nur mit den Händen oder einem Besen spielt, für feine Akzente.

Doch Ringsgwandl hat auch eine andere Seite. Eine schillerndere, schrägere. Wenn der 68-Jährige in den Märchen-Modus geht, über seine Freundschaft zu Lemmy Kilmister spricht oder über die ihm von einer Astrologin vorhergesagte Zukunft als zweiter Horowitz, ist das Zwerchfell bereits im Dauereinsatz – als er aber schließlich entgegen früherer Aussagen wieder den Punk in sich rauslässt und mit Songs wie „Hühnerarsch sei wachsam“ dem bayrischen Gagaismus frönt, bleibt kein Auge trocken. „Wenn du das wirklich gut machen willst, muss es lebendig sein und eine Frische haben“, hat Ringsgwandl über diese Eskapaden einmal in einem Interview gesagt. In der Harmonie konnte er zur Freude des begeisterten Publikums genau das vorweisen. Und so ist der Platz in der Ahnengalerie, am besten direkt neben den Pretty Things, wohl nur noch einen Nagelschlag entfernt.

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