Ach ja, früher! Früher war alles anders. Damals, vor 25 Jahren, als es noch Telefonzellen gab, ein Bierverbot vor dem Kölner Dom überhaupt nicht zur Diskussion stand (weil eh alle lieber in den Kneipen saßen), die Stammtisch-Aggressivität noch nicht in weltweiten Medien ausgelebt wurde und Guido Cantz noch nicht erblondet war. 1991 machte dieser seine ersten Schritte im Kölner Karneval, die ihn in den folgenden Jahren auf alle möglichen Bühnen und bis ins Fernsehen tragen sollten. Nun feiert Cantz sein „Blondiläum“, lässt unter anderem im Haus der Springmaus seine Karriere Revue passieren – und greift dabei seltsamerweise öfter in die Kiste der nostalgischen Erinnerungen als in die mit seinen Höhepunkten.
Mitunter hat man den Eindruck, dass Cantz an der Gegenwart verzweifelt. „Der Lack ist ab, aber ich liebe meine Grundierung“, sagt er und verweist auf all die Zipperlein, die ihn plagen. Immerhin
ist er ja auch schon 45, da wird das Leben schwerer. Signalisiert zumindest Cantz, anstatt sich an Kollegen wie Dieter Hildebrandt ein Beispiel zu nehmen. Auch die ständigen Rückblicke auf eine
offenbar schlichtere Zeit irritieren: Die ganzen Sprudelsorten und Promi-Trennungen, die Vielfalt bei Subways und die „Fifa-Mischpoke“, die Anglizismen und Essprobleme, „das gab's doch damals
nicht.“ Dazu noch AfD und Horrorclowns und Trump und Erdogan – gut, da verschwinden die Grenzen in der Tat, aber dennoch müsste jemand wie Guido Cantz als erfahrener Entertainer und Moderator
damit klarkommen und nicht eine Altherren-Comedy machen, die ihm keiner abnimmt. Zumal ohnehin das aktuelle Programm mit „25 Jahre Best of Guido Cantz“ untertitelt ist.
Doch genau damit hält sich der Platinschopf, der erstmals im Alter von neun Jahren als Messdiener im Rampenlicht stand und dieses seitdem nicht wieder verlassen wollte, auffällig zurück. Ab und
zu lässt er zwar sein Talent als Imitator durchscheinen, mitunter sogar sein Händchen für gelungene, gerne auch bissige Pointen, doch vom versprochenen Gag-Feuerwerk ist wenig zu sehen. Dabei hat
Cantz eigentlich mehr als genug zu bieten. Er müsste es nur mal etwas kontinuierlicher abrufen, als er es in seinem Programm tut. Dass ausgerechnet ein Clip aus der von ihm moderierten Sendung
„Verstehen Sie Spaß“, bei dem der Blondschopf allerdings keine Rolle spielt, für die meisten Lacher sorgt, unterstreicht dies nur. Wenn ein Wasserbett besser ankommt als der Comedian auf der
Bühne, läuft irgendetwas grundlegend falsch. Und auch wenn einige Geschichten trotz allem durchaus unterhaltsam sind, das Kennenlernen seiner jetzigen Frau dank einiger Grönemeyer-Zitate herrlich
schräg erscheint, der ein oder andere Kommentar vor Witz nur so sprudelt und das Publikum Cantz begeistert applaudiert, sollte dieser sich doch überlegen, ob ihm das reicht.
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