RebellComedy: Voll integrierter Humor

Das ist Multikulti in Reinform: Junge Türken und Kurden, Iraner und Afghanen, Marokkaner und Spanier, Portugiesen und Deutsche, sie alle sitzen im Brückenforum brav nebeneinander – und lachen gemeinsam. Ein schönes Bild. Bei kaum einem anderen Kleinkunst-Format in Deutschland wird die Vielfalt in der Bundesrepublik so deutlich wie bei der RebellComedy, zu der von Jugendlichen bejubelte Stand-Up-Stars wie Benaissa Lamroubal und Enissa Amani gehören.

Ihnen gelingt es mühelos, jene Zielgruppe der Migrantenkinder zu erreichen, an denen sich Kulturveranstalter bislang die Zähne ausgebissen haben. Vielleicht weil sie ihre Sprache sprechen, vielleicht auch einfach nur, weil jetzt erst die Zeit dafür reif ist. Egal. Die neue Generation der Comedians ist eben bunt und versteht es geschickt, ihre eigenen Wurzeln zu Geld zu machen, indem sie auf der Bühne munter aus ihrem Leben erzählt. Was mitunter durchaus witzig und intelligent sein kann. Aber fast ebenso oft auch ziemlich banal.

Vor allem Enissa Amani, die große Rebella, hält sich beim Tour-Auftakt von „Lach matt“ nicht mit Inhalten auf. Ihr geht es in erster Linie darum, über Facebook-Posts zu sprechen, am liebsten ihre eigenen, die dann möglichst alle Gäste noch nachlesen beziehungsweise „checken“ sollen. Auch eine Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu generieren. Zu irgendetwas müssen Worthülsen ja schließlich gut sein. So plaudert die Deutsch-Iranerin, die Anfang des Jahres bei ProSieben sogar eine eigene Show erhalten hatte (darin bewarf sie unter anderem Zuschauer mit Torten; die Sendung wurde nach gerade einmal zwei Monaten wegen zu geringer Quoten eingestellt), völlig belanglos über Internet-Trolle und die Leiden einer Frau, die mit zehn Jungs unterwegs ist und überlässt die substanzielleren Themen lieber ihren Kollegen. Etwa Pu: Der 29-Jährige behauptet zwar von sich selbst, eher die Assis anzusprechen, sorgt aber mit seiner Mischung aus Klischee-Spielereien und nachdenklichen Aussagen für einen der Höhepunkte des Abends. Nur er geht auch mal das in der Comedy sonst fast undenkbare Wagnis ein, für ein paar Augenblicke zu Gunsten von Tiefgang auf Lacher zu verzichten, kommentiert den Rechtsruck in Österreich und sieht in der Flüchtlingskrise die eigenen Vorteile. „Die integrieren mich“, sagt er, „für die bin ich jetzt Deutscher.“

Auf ganz andere Weise überzeugt derweil Hany Siam. Hohes Tempo, starke Pointen und ein Gespür für eine gute Verzahnung von Themen einen ihn mit Pu, der Schwerpunkt liegt aber eher auf inhaltlich skurrilerer Kost. Was auch gut funktioniert, auch wenn die Erläuterung von Nekrophilie durchaus die ein oder andere elegante Metapher besser vertragen hätte als die Reflektion des eigenen toten Schicksals. Andererseits ist der Sprung zu den ganzen AfDern mit ihrem braun gefärbten Erguss ebenso brachial wie treffend. Und allemal weitaus nachhaltiger als Benaissa Lamroubals Auslassungen über marokkanische Hochzeiten und die mangelnde Esskultur oder die benebelten Gedankengänge von RebellComedy-Gründer Usama „Ususmango“ Elyas, der sich minutenlang über einen angeblich 145 Jahre alten Mann amüsiert und davon träumt, sich eine Prostituierte zu bestellen, nur damit er ihr ein erniedrigendes „du Hure“ entgegenschleudern kann. Eine traurige Vorstellung. Als letzter und chronologisch erster Comedian des von Khalid Bounouar mitunter etwas schwach moderierten Abends (der Tiefpunkt ist erreicht, als Bounouar sich nach Hitlers Frisur und Schnäuzer sehnt) sei schließlich noch Alain Frei genannt. Der Schweizer vereint sämtliche Niveauschwankungen seiner Kollegen, kommentiert Mentalitätsunterschiede zwischen „den Deutschen“ und „Ausländern“ ohne Scheu vor Verallgemeinerung, amüsiert sich über Beleidigungen in Hass-Emails anlässlich seiner früheren Statements für die gleichgeschlechtliche Ehe und wird dann am besten, als er für seinen Neffen auf Monstersuche geht. Herrlich. Das Publikum jubelt denn auch – doch das ist bei der RebellComedy ohnehin selbstverständlich. So lange deren Mitglieder die Sprache der Jugend sprechen, gelten sie bei ihren Fans als Helden und werden entsprechend gefeiert. Tobend, laut, wild. Und voll integriert.

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