Manu Katché: Jeder Schlag ist anders

Was für ein Drive! Und was für eine Kreativität! Kein essentieller Schlag von Manu Katché gleicht dem vorherigen, keine Muster – abgesehen von den durchlaufenden Grundpatterns – wiederholt sich, und doch passt jeder perfekt in das rhythmische und harmonische Jazz-Gefüge, ist jeder Impuls genau da, wo er hingehört. Kein Zweifel, der legendäre Schlagzeuger, der seit über 30 Jahren zur Band von Peter Gabriel gehört und auch schon Alben von Sting, den Dire Straits, Jan Garbarek und Joe Satriani veredelt hat (alleine diese Namen unterstreichen seine Vielseitigkeit), wird in der Beethovenhalle seinem Ruf als einer der herausragendsten Vertreter seines Instruments durchaus gerecht.

Zwar verzichtet der Magier der Sticks inzwischen weitgehend auf das lyrische Spiel, das er noch vor knapp zehn Jahren auf „Playground“ gepflegt hat, ist bei der Vorstellung seiner neuen CD „Unstatic“ weitaus dynamischer und frecher unterwegs als damals, doch immerhin gehört gerade diese Wandelbarkeit zu den großen Stärken des 57-Jährigen. Zumal das Ergebnis für sich spricht.

Leider leidet das Konzert ein wenig unter einem beim diesjährigen Beethovenfest (unter dessen Label das von der Deutschen Post explizit geförderte Konzert stattfindet) verstärkt bemerkbaren Desinteresse der Bürgerschaft: Obwohl aufgrund der weit vorgebauten Bühne weitaus weniger Plätze verfügbar waren als üblich, ist die Beethovenhalle einmal mehr nicht ganz ausverkauft. Andererseits kompensiert das Publikum den ein oder anderen leeren Stuhl mühelos und jubelt Katché so frenetisch zu, dass dieser sich nach einer guten halben Stunde herzlich für diese besondere Wärme und die Intensität bedanken muss. Das alles für ihn, der doch eigentlich eher bescheiden ist und sich auch nicht wie manch andere Kollegen mit Solo-Projekten permanent in den Vordergrund spielen muss. Nein, Manu Katché stellt sich und sein Spiel immer in den Dienst der Musik. Und der Melodie. Sie ist es, die bei ihm an erster Stelle steht und die er mit seinem unverwechselbaren Gespür für den richtigen Groove unterstützt. So überlässt er das Feld auch in erster Linie Trompeter Luca Aquino, Saxofonist Tore Brunborg und dem brillanten, manchmal allerdings ein wenig zu ausufernden Pianisten Jim Watson. Das soll nicht bedeuten, dass der 57-Jährige nicht zu hören wäre, ganz im Gegenteil – aber er fügt sich eben in den Gesamtklang ein, statt aus diesem auszubrechen oder ihn mit seinen Toms zu unterdrücken.

Ohne Ellen Andrea Wang würde dies aber kaum funktionieren. Die unermüdliche Bassistin, die in gewisser Weise sowohl ihre eigene Arbeit als auch die eines regulären Schlagzeugers übernehmen und der Band sowohl ein tonales als auch rhythmisches Fundament bieten muss, ist ein Fels, auf dem man bauen kann. Egal in welche Richtung es geht. Mal mäandern Katché und seine Mannen in Richtung Funk, dann wieder in weichen Club-Jazz, der sich so einfach anhört und doch so komplex ist. Gegen Ende wird es dann wilder, experimenteller, freier, gibt Katché Vollgas, setzt auch mal genüsslich Akzente gegen Klavier und Saxofon – und auch hier ist Wang zur Stelle und ebnet ihrem Boss den Weg. Herrlich. Wären da nicht die mitunter zu grellen Höhen, die ab und an aus den Boxen plärren, man könnte fast von einem perfekten Konzert sprechen.

Allerdings auch von einem kurzen, wenn auch kurzweiligen. Schon nach 75 Minuten ziehen Manu Katché und seine Band sich zum ersten Mal zurück; erst eine überdimensionierte Zugabe, bei der sich der Star des Abends endlich einmal auch solistisch so richtig austoben kann, bringt das Konzert auf einen angemessenen Umfang. Obwohl: Wenn es nach dem Publikum gegangen wäre, hätte Manu Katché auch ruhig noch weitere anderthalb Stunden spielen können. Noch ein bisschen grooven, noch ein bisschen zaubern. Ach ja. Vielleicht beim nächsten Mal.

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