„Jeder rettet einen Afrikaner“: Benefiz-Befindlichkeiten

Alles nur Theater. Eine Show. Eine Inszenierung. Benefiz, das ist nicht viel mehr als eine Worthülse – und wenn sich dann doch mal jemand aufregt über den Mangel an Barmherzigkeit und Nächstenliebe, wenn die Wut kurzzeitig aufflammt, weil aus Angst vor Betroffenheit die Wahrheit beschönigt wird, wird dieser Moment der Aufrichtigkeit kurzerhand zum Teil des Schauspiels gemacht und damit selbst der ausgeprägteste Idealismus ad absurdum geführt. Die bittere Satire mit dem klobigen Titel „Benefiz – jeder rettet einen Afrikaner – zumindest ein Versuch“ nach Ingrid Lausund, die Absolventen der Alanus-Hochschule jetzt im Pantheon aufgeführt haben, setzt genau dieses Szenario um und lässt fünf unterschiedliche Charaktere bei einer Probe zu einem Benefiz-Abend für einen Schulbau in Guinea-Bissau aufeinanderprallen. Eine Konstellation, die nur auf eine Weise funktionieren kann: absurd.

Gut meinen es ja alle. Nur gut für wen? Und warum? Da ist die Weltverbesserin (Nina Ruhz), die es nur gut meint und es doch mit ihrer Waldorf-Kreativität ein wenig übertreibt; der Clown im Pinguinkostüm (Lean Fargel), der in erster Linie aus Spaß mitmacht; der Leidenschaftslose (Simeon Johannes Wutte), der sich von konkreten Schicksalen nicht berühren lassen will und der höchstens mit halbem Herzen bei der Sache ist; der Gerechte (Lucas Sánchez), dessen Hilfsbereitschaft von den anderen auf eine harte Probe gestellt wird; und die eiskalt berechnende Diva (Swetlana Saam), die für das Rampenlicht alles tun würde. Heuchler sind sie irgendwie alle. Wenn ausgerechnet die beiden Gutmenschen darüber streiten, ob ein Mädchen ohne Arme schlimmer dran ist als das Waisenkind Paolo, das auf der Straße auf einem Stück Pappe haust und doch wegen zwölf Euro im Monat kurzerhand durchgestrichen wird, strotzt dies ebenso vor Zynismus wie die Krokodilstränen einer kaltschnäutzigen Schauspielerin oder die Tatsache, dass tatsächlich jemand eine Antwort auf die Frage sucht, warum man überhaupt spenden sollte. Ja, warum eigentlich? Angesichts der gigantischen Katastrophen in Afrika, wo pro Jahr die Bevölkerung Deutschlands an Hunger stirbt, ganz zu schweigen von Kriegen und Krankheiten, sind ein paar Euro doch noch nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Zehn Euro können nicht die Welt verändern“, sagt denn auch Sánchez, „aber zumindest die von Paolo.“

Das Ensemble um Regisseurin Esra Maria Kreder setzt die Satire exzellent um. Oft böse, mitunter peinlich, aber immer zur Selbstreflexion anregend werden 90 Minuten lang latenter Rassismus, political correctness und Verdrängungsmechanismen in den Fokus gerückt. Kalt lassen sollte das niemanden. Denn Armut und Leid, egal wie weit weg, sind eben kein Theater.

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