Helge Schneider: Zwischen Hurz und Jazz

Damit eins von vornherein klar ist: Helge Schneider ist ein Superstar. Mindestens. Wenn nicht gar ein Mega- oder ein Gigastar. Auf jeden Fall ein ganz großes Tier im Showgeschäft, die deutsche Antwort auf Madonna oder so. Auf jeden Fall einer, der es sich leisten kann, in blauem Anzug und mit Luden-Brille samt sechsköpfiger Band, tanzendem Waldschrat und zwei Tee-Dienern in die schönsten und besten Hallen der Republik zu kommen. Oder eben in Ermangelung von Alternativen in die ausverkauften Beethovenhalle. Geht auch. Dort macht der beständig zwischen Genie und Wahnsinn pendelnde 60-Jährige im Rahmen seiner „LASS KnACKEN OPPA!“-Tour dann eben das, was er am Besten kann – totalen Blödsinn und grandiose Musik. Ein Abend zwischen Hurz und Jazz, zwischen Anarchie und Harmonie, zwischen Wundern, Lachen und Genießen.

Helges Humor ist schon etwas Besonderes. Antikomik, sagen manche, böse Zungen sprechen ihm einen solchen sogar völlig ab. Dabei führt Helge immerhin niemanden vor – außer sich selbst. Immer wieder überrascht er mit Banalitäten, Sprachspielen und Absurditäten, wird vom Brötchenverteiler zum Brötchengeber, klettert in zwei Stunden mit Flipflops auf den Mount Everest und singt eben auch mal – gewissermaßen als Marcel Duchamp der Musik – über ein Katzenklo. Warum? Weil er es kann. Und weil es ohnehin kaum Regeln gibt in der Schneiderschen Bühnenshow. Improvisation dominiert alles, von den spontan modifizierten Texten über die gesamte Bandbreite des Jazz. Was Helge da genau macht, weiß er wahrscheinlich häufig selbst erst in dem Moment, in dem er es macht.

Genau dieses chaotische Moment, das viele Menschen irritiert, ist die größte Stärke von Helge Schneider. Er hat die Freiheit, auf der Bühne alles zu tun und zu sagen, was ihm gerade in den Sinn kommt, ob er nun seine Tee-Diener vorführt, Tanzmaskottchen Sergej Gleithmann über die Bühne hüpfen lässt oder sich kopfüber mit diversen Instrumenten in alle möglichen Stile stürzt. Mal präsentiert er einen Blues, der irgendwo zwischen „Minnie the Moocher“ und „Big Spender“ anzusiedeln ist, dann wieder ein kleines Trompetenlied mit Unterstützung eines kleinen Stoffäffchens oder ein chinesisches (oder zumindest chinesisch erscheinendes) Kinderlied, alles exzellent gespielt. Ja, musikalisch macht keiner Helge Schneider etwas vor. Und inhaltlich lebt er ohnehin in einer eigenen Welt. Immerhin, irgendwann wird der 60-Jährige sogar für einen kurzen Moment politisch, bindet ein Statement gegen Atomkraft in eins seiner Lieder ein – und macht dann doch lieber wieder mit dem üblichen Nonsens weiter. „Jetzt wieder witzig“, fordert er. Send in the Clowns. Auch der Telefon- und der Meisenmann kommen zu ihrem Recht, sehr zur Begeisterung des Publikums, aus dessen Tiefen leider auch immer wieder Zwischenrufe erschallen, die zwar von Helge souverän gekontert werden, aber nicht so wirklich gut ankommen. Immerhin ist dies, neben dem mitunter schmerzhaft schlechten Klang (wenn Keyboard-Soli nicht über Schlagzeug und Bass zu hören sind, läuft irgendetwas falsch), der einzige kleine Wermutstropfen. Das Publikum ist ohnehin völlig begeistert und feiert „Oppa Helge“ ganz genau als das, was er ist. Ein Superstar. In blau.

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