Bodo Wartke: Liebesleiden eines Klavier-Kavaliers

Mit Beziehungen hat Bodo Wartke so seine Probleme. Ausgerechnet er, der Charmeur am Flügel, der Klavier-Kavalier, hat in amourösen Dingen offenbar kein glückliches Händchen. Zumindest wenn man den Liedern, die der 38-Jährige in der Bonner Beethovenhalle vorträgt, Glauben schenken darf. In ihnen beschreibt er sein Leid, offenbart er das Verzehren nach einem geliebten Menschen, der die Gefühle nicht erwidert, den Herzschmerz, die beständige und doch oft so irrationale Hoffnung auf ein Happy End – und spricht damit vielen aus der Seele. „Es reicht nicht“: Nur drei Worte, die sich wie ein glühender Speer in das Innerste bohren können und eine Leere zurücklassen, die erst mit der Zeit vernarbt. Wenn überhaupt. Doch Wartke verfällt bei aller Wehmut nicht in Trostlosigkeit, sondern begegnet dem emotionalen Tiefschlag wie jeder gute Clown mit einem Lächeln. Ein Talent, für das ihn seine Fans nur um so mehr bewundern.

Auf seiner „Was wenn doch“-Tour zeigt sich der 38-Jährige melancholischer denn je. Ja, die Liebe hat sich schon immer wie ein roter Faden durch seine Programme gezogen, doch noch nie hat die Beschäftigung mit ihr so einen großen Raum in Anspruch genommen. Der Humor muss dagegen ein wenig in den Hintergrund rücken – und ausgerechnet eine längere vermeintlich lustige Passage gerät trotz zahlreicher Lacher zum Tiefpunkt des Abends. Denn wenn Wartke sich das Libretto der „Zauberflöte“ vornimmt, die berühmte Rache-Arie der „Königin der Nacht“ mitsamt der Wiederholungen und Koloraturen vorliest und der Lächerlichkeit preisgibt, ist das nicht viel mehr als eine plumpe Anbiederung an all jene, die wie er selbst mit einer Oper nichts anzufangen wissen. Dabei kann er doch so viel mehr. Großartig etwa eine kleine Tee-Zeremonie unmittelbar nach der Pause, bei der Wartke im Wettstreit mit seiner gelegentlichen Bühnenpartnerin Melanie Haupt die Ästhetik eines Tee-Ticks in eine atemberaubende Sprach- und Rhythmus-Choreographie packt, bei der genüsslich gerappt, gesteppt und getrommelt wird, bis der feine Aufguss fertig ist. Phänomenal.

Doch allzu sehr ist Wartke in seinem 20. Jahr auf der Bühne nicht nach spaßen zumute. Ihn bewegen andere Themen. Die Liebe, das Leben und der ganze Rest. In einem eindringlichen Lied, das er in Bonn zum ersten Mal spielt, wird er besonders kritisch, setzt sich mit dem Missbrauch von Religion auseinander und mit all den Verbrechen, die im Namen des Glaubens begangen werden. „Meine aufgeklärten humanistischen Gefühle werden verletzt“, sagt er dazu in einem der stärksten Momente des gesamten Abends. Dabei könnte die Welt doch so einfach sein. Und so schön. Alles, was es braucht, sind Menschen, die aus Liebe handeln. Selbst wenn man damit mal auf die Nase fällt. Geht nicht? Vielleicht. Aber Bodo Wartke ist eben ein Träumer, einer, der die Hoffnung nicht aufgibt und in der Zugabe, einem Destillat des gesamten Konzerts, noch einmal all das bestätigt. Ja, Liebe kann weh tun. Und oft funktioniert sie nicht richtig. Aber: Was wenn doch?

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