Prix Pantheon: Bären, Dorf-Dons und gefährliche Gesten

Hungrig sind sie. Mutig. Mitunter absurd, dann wieder erfreulich politisch. Und nur ganz selten belanglos: Die zehn Teilnehmer des diesjährigen 22. Prix Pantheon haben die Messlatte für zukünftige Generationen ziemlich hoch gehängt und dabei selbst einige der Sondergäste des zweiten Abends auf die hinteren Plätze verwiesen. Mit Plattitüden kam man in diesem Wettbewerb nicht weiter, wohl aber mit klarer Haltung oder einer ordentlichen Prise Dadaismus. Ein schöner Abschluss – aber auch einer, der abseits der starken Nachwuchskünstler einige Schwächen offenbarte.

Es war ein bisschen schade, dass nur fünf Teilnehmer im Finale antreten durften. Verdient hätten es mehr. Etwa die herrlich spröde Hazel Brugger oder der Poetry-Slammer Quichotte. Doch bei einem Wettbewerb, in dem neben einer Jury auch das Publikum etwas zu sagen hat, ist immer auch ein bisschen Glück dabei. So blieben die beiden ebenso außen vor wie – völlig zu Recht – der Comedian Masud, der sich lustlos mit einigen Aussagen selbst ins Abseits schoss („Wenn ihr lacht, ist es Comedy“ – bei einem ausgewiesenen Kabarett- und Satirepreis wie dem Prix Pantheon kein guter Ansatz), sowie die Sommerhit-Spezialistin Christin Henkel, die mit ihrem Babybauch und ihrem süßen Äußeren nicht über hörbare Intonationsmängel und offenbar von der Bravo geprägte Liedtexte hinwegtäuschen konnte. Ebenfalls ausgeschieden war Frederic Hormuth, der durchaus einige gute Ansätze hatte, aber keine Verbindung zum Publikum aufzubauen vermochte. Dies gelang den Finalisten besser, die am zweiten Tag erst so richtig zur Höchstform aufliefen. Das Liedermacher-Duo Lumpenpack, das sich letztlich den Publikumspreis sicherte, sprühte vor Begeisterung und sorgte mit exzellent dargebotenen Songs für Stimmung, während Klavier-Poet Roger Stein in bester Konstantin-Wecker-Manier allzu Menschliches in fein ziselierte Verse packte. Noch besser und vor allem tausendfach absurder gelang dies dem Wort-Schamanen Jan Philipp Zymny, der frisch gebährte Bären mit einem Katapult entsorgte, ein Nashorn zum Telefonieren nutzte und den Pfad zur Erleuchtung als Holzweg erkannte. Für diese Sprachkunstwerke verlieh ihm die Jury denn auch den Jurypreis, den aber ebenso gut Moritz Neumeier hätte erhalten können: Der Bremer antwortete mit scharfer Satire auf gesellschaftliche Probleme und legte immer wieder den Finger in so manche Wunde. Gleiches galt für Lokalmatador Gregor Pallast, der vor allem dank einer starken Fangemeinde das Finale erreicht hatte, aber auch bewies, dass er genau dorthin gehörte. Er, der von allen Teilnehmern die geringste Bühnenerfahrung hat (erst vor einem Jahr begann er mit professionellem Kabarett), erwies sich als der politischste, als einer, der im Stil Volker Pispers die Welt erklärte und damit nicht sekündliche Lacher, aber vielleicht den ein oder anderen Funken von Verständnis generierte.

Die restliche Veranstaltung ist schnell zusammengefasst: Barbara Ruscher, Hennes Bender und Michael Krebs setzten leider auf billige Lacher, ebenso wie übrigens Fatih Cevikkollu, der der Einfachheit halber an beiden Abenden eine fast wortgleiche Moderation bot, die auch mit der Zeit nicht besser wurde. Immerhin zeigte sich Sebastian Pufpaff in Bestform – sowie Wilfried Schmickler, der eine grandiose Laudatio auf Ehrenpreisträgerin Gerburg Jahnke hielt, die Flüssin und Horizontin des deutschen Kabaretts, an deren Nachhaltigkeit kein Zweifel besteht. Eine gute und würdige Wahl. Somit kann man mit diesem Prix Pantheon und der Zukunft des Kabaretts letztlich doch sehr zufrieden sein.

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