René Marik: Scheitern kann so schön sein

Er ist wieder ze hage. Also zu Hause. Auf der Bühne. Live und in Farbe. Der liebenswerte, sprachgestörte, immer wieder an der Welt und an der Liebe verzweifelnde „Maulwurfn“ feiert im ausverkauften Beueler Brückenforum zur Freude des Publikums sein Comeback, ebenso wie sein Herr und Meister René Marik, der nach vier Jahren Ruhepause nicht länger stillsitzen konnte und einmal mehr zu seinem Puppenkoffer griff. Dass der 45-Jährige nun mit einem Best-of-Plus-Programm durch die Republik tourt, in dem nur ein Teil der Szenen neu sind, ist den Fans dabei herzlich egal, zumal die herrlich absurden Szenen mit Maulwurfn, Eisbär Kalle und dem blasierten Kermit-Verschnitt Herr Günther Falkenhorst nichts von ihrem Witz verloren haben.

Der Kasper-Pop, diese moderne, hinter der Fassade der Albernheit durchaus intellektuelle Form des Kasperletheaters, mag mitunter dank zahlloser Anspielungen von Kindern nicht so ganz verstanden werden – Erwachsene haben dagegen ihren Spaß, wenn Falkenhorst als Richard III., Darth Vader oder der die Titanic versenkende Eisberg auftaucht und sich seiner eigenen Puppenhaftigkeit nur allzu bewusst ist (was ihn aber nicht daran hindert, seinem „mäßig begabten Untergebenen“ unverhohlen zu drohen) oder wenn sich der fast völlig blinde und begriffsstutzige Maulwurf völlig konsterniert durch die Märchenwelt bewegt. Und an dieser scheitert. Immer und immer wieder scheitert. Trotzdem macht er weiter, wofür ihm die Herzen des Publikums zufliegen. Ihm, dem Stofftier. Besser lässt sich Mariks Puppenspiel-Talent nicht erahnen als in jenen Momenten, in denen der Maulwurf, diese kleine zauselige Figur mit der Blindenbinde und der langen Schnauze, das Köpfchen senkt und ein kollektiver Ausdruck des Bedauerns die Lippen der Zuschauer verlässt. Kein Zweifel: Hinter seiner schwarzen Wand vermag es Marik, jeden um den Finger zu wickeln, einfach nur, indem er diesen beugt.

Selten ist Scheitern so schön wie beim Maulwurf, der sich allen Widrigkeiten zum Trotz immer wieder aufrafft und weitermacht. Mal versucht er, Excalibur mit Hilfe eines Presslufthammers aus dem Stein zu ziehen, dann wieder versucht er sich im Carrollschen Wunderland zu orientieren oder nach Mallorca in den Urlaub zu fahren (was dann in Afghanistan endet). Gerne versucht er sich auch in der Schauspielerei, auch wenn die Differenzierung zwischen Illusion und Realität nicht immer ganz gelingt, womit er den pedantischen Falkenhorst ein ums andere Mal in den Wahnsinn treibt. Einmal mit Profis arbeiten. Doch die Funktion des Frosches ist eine andere: Er ist derjenige, der immer wieder die theatrale vierte Wand durchbricht, sich mit einem Miniatur-Maulwurf bewaffnet selbst als Puppenspieler entpuppt und seinen blinden Freund auch mal kurzerhand aus der Matrix befreit. Herrlich. Allerdings hat dies zur Folge, dass die anderen Figuren so gut wie keine Aufmerksamkeit erhalten, weder die liebesmüden Lappen Dominik und Schackline noch der Hasskasper, dem Marik immerhin zwei Lieder widmet. Ja, der Puppenmeister kann auch singen. Sogar richtig gut. Würde nicht das dröhnende, billig produzierte Playback alles übertönen, könnte dieses Talent noch viel besser zum Tragen kommen. Gerade Titel wie „Nature Boy“ brauchen so etwas nicht. So aber wird es erst zum Ende hin auch musikalisch rund, als der Maulwurf, enttäuscht von seinem vergeblichen Werben um die Barbiepuppe („de Barbe“), mit gebrochenem Herzen auf der A9 unter die Räder kommt und schließlich doch in bester Easy-Rider-Manier auf der Route 66 mit einem Chopper und begleitet von schönen Gitarrenklängen in den Sonnenuntergang fährt. Mach's gut, Maulwurf. Und komm bald wieder.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0