Ole Lehmann: Nicht mit Tuntigkeit geizen

Autsch. Das war jetzt wieder ein Spruch unter der Gütellinie. "Böse Tunte, böse Tunte", schimpft Ole Lehmann sich selbst. Wenn es sonst schon keiner macht, aus Angst vor der ominösen political correctness, muss eben er ran und ein paar Zoten bringen, um das Niveau zumindest ansatzweise in Richtung des Scripted-Reality-Wahnsinns in gewissen privaten Sendeanstalten zu bringen, über den er sich gerade aufregt. Was ihm allerdings zum Glück misslingt. Dafür ist der homosexuelle Comedian, der im Haus der Springmaus sein Solo "Geiz ist ungeil - So muss Leben" präsentiert, einfach zu nett. Und zu unterhaltsam.

Zugegeben, Gags über den Berliner Flughafen gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, und auch die von Lästermaul Lehmann als Hackfressen-TV titulierte deutsche Fernsehlandschaft samt Heidi Klum, Wolfgang Joop und Rainer Calmund ist schon hinlänglich beackert worden – aber trotz seiner sich unnötig auf das Äußere beschränkenden Verbalattacken kippt das Programm zu keinem Zeitpunkt ins Lächerlich-Peinliche ab. Nicht zuletzt weil Lehmann die Grenze zwischen Witz und Gesinnung permanent in Sichtweite hat und sie dem Publikum auch gerne zeigt. Schockieren, weil es Spaß macht und nicht, weil er es ernst meint, das ist seine Devise. "Wenn Leute zusammenzucken und sich fragen, ob ich das sagen darf, finde ich das großartig", gesteht er und ruft auf, es ihm gleich zu tun. "Wenn ihr gute Schwulenwitze kennt, dann her damit."

Immer wieder kommt Lehmann dabei auf das Verhältnis von Gier und Geiz zu sprechen. Wenn die schwäbische Sparsamkeit zur Trophäe wird, ist irgendetwas faul im Staat. Früher hätte es das nicht gegeben. Eine Bisamratte statt einer Antilope, Ein Schnäppchen statt eines Filetstücks? Da hätte es gerappelt in der Neandertal-Höhle. Aber Geiz ist ja angeblich geil. Doch da macht Lehmann nicht mit. Er will nicht geizen. Schon gar nicht mit den eigenen Talenten. Also singt er zwischendurch in Nebelschwaden gehüllt "Human", "Sledgehammer" oder "With Or Without You" – er kann's ja schließlich. Böse ist er da keineswegs. Sondern gut.

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