Schlachtplatte: Jahresabrechnung mit Seegang

Eine Seefahrt, die ist lustig. Egal, was andere sagen. Man muss es nur richtig machen: All Inclusive statt mit Paddelbooten, dann kommt man auch gut übers Mittelmeer. Und wer dann noch die gepfefferten Kommentare der Schlachtplatten-Mannschaft überhört, mag sich vielleicht sogar im Paradies wähnen. Doch Robert Griess, Jens Neutag, Onkel Fisch und Maria Grund-Scholer wissen es besser. In ihrer etablierten Jahresendabrechnung wollen sie mit der Wohlfühlgesellschaft aufräumen, deren Gesellschafter Griechenland- und Flüchtlingskrise nur danach beurteilen, welche Folgen sie für einen selbst hat. Im Bonner Pantheon gelingt ihnen dies in ihren besten, schwärzesten Momenten sogar nachhaltig. Vor allem in der zweiten Hälfte.

Die Schlachtplatte ist immer dann am stärksten, wenn sie gut gewürzt ist – also so scharf, dass die Grenze zwischen Lachen und nach Luft schnappen verschwimmt und der Genuss zugleich zur Qual wird. Doch zumindest zu Beginn verheddert sich die Crew zu oft in der Takelage von Belanglosigkeiten, Unstrukturiertheiten und Phrasendrescherei. Das Duo Onkel Fisch, insgesamt trotz mancher Schwächen mit der stärksten Gesamtleistung, offenbart ihre männliche Menopause und versucht vergeblich, das Freihandelsabkommen TTIP mit Winnetou-Anspielungen zu erklären; Jens Neutag übergibt Sepp Blatter der Seegerichtsbarkeit und scheitert an platten Fußballgesängen der Jury; und Robert Griess (ohnehin an diesem Abend angesichts diverser Versprecher offenbar nicht in Topform) wettert mit jeder Menge peinlicher, mitunter gar erschreckender Klischees gegen das Erstarken der rechten Szene in den ostdeutschen Bundesländern. Wer den Solidaritätszuschlag gegen die Flüchtlingshilfe aufzurechnen versucht, ist schlichtweg auf dem falschen Dampfer. Einzig Maria Grund-Schuler sorgt im Angela-Merkel-Kostüm für einige starke Szenen, zumal es ihr gelingt, die eindringlichsten Sätze gekonnt beiläufig anzubringen. Herrlich.

Nach der Pause dann endlich die Kehrtwende: Jetzt segelt das Schiff in die Schwärze, in die es gehört, was die segelnden Kabarett-Metzger zu Höchstleistungen anspornt. Die Geissens (Grund-Schuler und Griess) spenden von ihrer Kreuzfahrt aus gute Ratschläge und Pizza Frutti di Mare an bedürftige Flüchtlinge, während Jens Neutag mit scharfen Geschützen auf Politiker schießt und dabei, aller Kritik am so genannten Name Bashing zum Trotz, einige schöne Treffer erzielt. Stark auch das Drama des Jahres, das zwar in der Sprache mitunter etwas zu derb und platt ist, in seiner Aussagekraft aber mitunter genau jene Qualitäten aufweist, die allgemein mit der Schlachtplatte in Verbindung gebracht werden. Das ist mehr als nur „Bespaßung für die Bonner Boheme-Bourgeoisie“,  wie Prolet Stapper (Griess) kritisiert – zumal besonders an dieser Stelle die große Spielfreude offenbar wird, die das Ensemble erfüllt. Und das wiegt vieles auf. Wenn dann auch noch die Form stimmt, ist vieles gewonnen: So etwa bei Onkel Fisch, die auch mal der Maut-Idee in bester Heinz-Erhardt-Manier gedenken, oder der wieder als Teflon-Kanzlerin auftretenden Grund-Schuler, die in einer gestellten Fragerunde mit Publikumsbeteiligung unter anderem über Glaubwürdigkeit in der Politik räsoniert. Somit ist die Schlachtplatten-Mannschaft am Ende und trotz eines vermeintlichen Untergangs-Szenarios doch wieder auf Kurs. Geht doch.

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