„Xeno overro l'Antagonista“: In jedem steckt ein Iago

Wer anders ist, wird ausgestoßen. Öffnen und anpassen, das müssen sich immer die Fremden, die Xenos dieser Welt. Und selbst wenn sie es tun, bleiben sie für manche Menschen doch immer eine Zielscheibe des Hasses und der Verachtung. In dem italienischen, mit deutschen Übertiteln versehenen Stück „Xeno overro l'Antagonista“ der internationalen Theatergruppe GIFT, die seit Montag zu Gast im Euro Theater Central ist, skizziert das Ensemble an drei Beispielen diese Problematik: Die Goten wollen Teil des Römischen Reiches werden, scheitern aber an der trägen Bürokratie und denken daher über einen Feldzug im Dienste des Hunnen Attila nach; In Venedig erregt das persönliche und berufliche Glück Othellos den Neid Iagos; und in Wien entwickelt ein mittelloser Hitler erste antisemitische Tendenzen.

Trotz der enormen Aktualität angesichts der Flüchtlingssituation, der Pegida-Demonstrationen und der Terror-Anschläge von Paris erweist sich die mutige Inszenierung der GIFT unter der Regie von Eugenia Fabrizi und Luca Paglia, der zugleich Autor des Stückes ist, als erstaunlich kurzweilig. Das hohe Tempo und manche bewusst überzeichneten Passagen sorgen für Unterhaltung, ohne dabei den Diskurs der Lächerlichkeit preiszugeben. Der dreht sich vor allem um die beiden großen Charaktere Shakespeares: Während Othello (Heza Botto), wie Desdemona (Leonie Renée Klein) in einer Zwischensequenz auf deutsch offenbart, über das tödliche Mittelmeer geflüchtet ist und nun in Europa kämpft, weil das das Einzige ist, was er jemals gelernt hat, brodelt es in Iago (Luca Paglia), der im Opfer den Täter wähnt und im Fremden den Feind. Nicht nur „der Mohr“, auch der Florentiner Cassio stehen über ihm, dem treuen Venezianer. Geschickt doppelt das GIFT-Ensemble diese empfundene Schmach mit der (historisch nicht ganz korrekten) Geschichte Hitlers (Eugenia Fabrizi), der sich Iago verbunden fühlt und im Bombengewitter den eigenen Schwanengesang erkennt. Der Übergang vom erfolglosen Maler zum Tyrannen hätte zwar durchaus ebenso wie der letztlich zum Intro degradierte Hunnen-Strang noch ein wenig mehr Substanz vertragen, die Grundkonzeption des Stücks wird aber auch so deutlich. „Ein Iago steckt in jedem von uns“, heißt es irgendwann. „Und auch ein Othello.“

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