Prost Tannenbaum! Ein Hoch auf den geschmückten Nadelträger, der einmal im Jahr so einiges mitmachen muss. Auch in der Bonner Oper. Erst ein (illusorisches) Feuer, dann eine Sektdusche – und zum Schluss wird er einfach ignoriert. Aber gut, an keinem geht das Weihnachtsfest spurlos vorüber. Das weiß auch Salut Salon und setzt auf Deeskalation mit schöner Musik. Ein Erfolgskonzept: In dem bis auf den letzten Platz ausverkauften Saal reißt das charmante Damenquartett mit einer Mischung aus klassischer und populärer Musik das Publikum immer wieder zu Jubelstürmen hin und schafft es zugleich, für einige besinnliche Momente zu sorgen. Trotz des lichterloh brennenden Baums.
Aus aller Welt haben die vier Ausnahmemusikerinnen Stücke zusammengetragen, spielen Kompositionen von Arcangelo Corelli, Astor Piazolla, Antonin Dvořák und Johannes Brahms. Auch Ernst von
Dohnányi kommt zu seinem Recht, dessen „Variationen über ein Kinderlied“ in fast schon prophetischer Manier auf den Programmtitel „Morgen kommt Salut Salon“ Bezug nehmen. Dabei flitzen die Bögen
über Geigen und Cello, die Finger über die Tasten – ein Genuss sondergleichen. Angelika Bachmann, Iris Siegfried, Sonja Lena Schmid und Pianistin Anne-Monika von Twardowski sind schon eine Klasse
für sich, vor allem die erstgenannte setzt immer wieder mit ihrem dynamischen Spiel maßgebliche Akzente. Derweil ist Iris Siegfried in den Gesangspassagen die zentrale Figur: Mal wird aus „Mr.
Sandmann“ der „liebste Schneemann“, dann wieder von Heiligabend auf der Pazifikinsel Tonga geträumt. Wobei das Quartett dann eine besondere Intensität erreicht, wenn es das Spiel reduziert, etwa
bei „Carol Of The Bells“ oder dem traumhaften französischen Weihnachtslied „Entre Le Bœuf Et l’Âne Gris“. Das sind Gänsehaut-Momente, wie sie schöner kaum sein könnten.
Zwischen den Vorträgen kommt es immer wieder zu Sektpausen, zumindest bis zu dem Missgeschick mit dem Tannenbaum. Die verfehlen ihre Wirkung nicht. Ein Weihnachtsoratorium auf Blockflöten geht
erwartungsgemäß schief, und auch eine Ode an das „O“ in festlichen Liedern wandelt sich zu einer Vokal-Orgie, bei der kreuz und quer durcheinandergesungen wird. Nach der Pause ist dementsprechend
Katerstimmung angesagt, samt singender Säge und ersten Mordgedanken in Richtung der lieben Familie. Andererseits gibt es auch euphorische Szenen, etwa bei einem judenspanischen Lied, bei dem das
Publikum lauthals mitwirkte. Und die fantastischen Auftritte von Puppe Oskar, der mal beim „Liebestraum“ von Franz Liszt mit Anne-Monika von Twardowski spielt und mal das Nahen des
Weihnachtsmannes ankündigt, sind schlichtweg bezaubernd.
Gegen Ende gehen mit Salut Salon dann aber endgültig die Pferde durch. Zum Glück. Mit Verve zappen die Damen durch das deutsche Fernsehprogramm, suchen den Superengel, schunkeln im
Musikantenstadl und zitieren sogar „The Life Of Brian“. Eine bunte Melange, die in dem Versuch mündet, sich gegenseitig zu überbieten und auszustechen. Es wäre nicht nötig gewesen, hat das
Publikum doch längst die Qualitäten von Salut Salon erkannt. Ein unterhaltsamer Abschluss war es aber dennoch. Und ein Versprechen. Im nächsten Jahr geht es weiter. Dann steht der „Karneval der
Tiere“ im Zentrum eines neuen Programms, das auch im Rahmen von Quatsch keine Oper zu erleben sein wird.
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