Robert Kreis: Foxtrott fürs Zwerchfell

Der Kreis schließt sich. Fast dreieinhalb Dekaden ist es her, dass ein niederländischer Entertainer mit einer Leidenschaft für die Musik und den Humor der Weimarer Republik im Bonner Contra-Kreis-Theater debütierte und damit der 20er-Jahre-Retro-Bewegung Starthilfe gab – jetzt ist Robert Kreis wieder zurück in dem Halbrund, wie üblich mit Pomade im Haar, hochgezogenen Augenbrauen und fein gezeichnetem Menjou-Bärtchen, Im Gepäck frisch wirkende, eigentlich aber überraschend alte Couplets, schmissige Schlager und seine ureigene „Bühnografie“. Mehr als genug für einen unterhaltsamen Abend und so manchen Angriff auf die Lachmuskeln.

Kreis nutzt seine bunte Familiengeschichte als roten Faden: Die ersten Jahre auf der damals noch zu den Niederlanden gehörenden Insel Java, die Trennung der Eltern, die Rückkehr nach Rotterdam, die ausdauernde und letztlich ergebnislose Suche der Mutter, einer verarmten Marquise, nach einem neuen Papi für Robbie und seinen Bruder Freddy. Danach die eigenen Lehr- und Wanderjahre auf Kreuzfahrtschiffen, die Kreis wegführten aus jenem „Moorteich“ namens Holland und ihn nach mehreren Missgeschicken als Kellner ans Klavier trieben, wo er noch heute gerne sitzt und souverän spielt und singt. Gut, die Stimme ist nicht mehr ganz so frisch, schwächelt mitunter bei der Intonation – dafür besitzt sie Ausstrahlung und jede Menge Gefühl. Vor allem wenn Kreis leise wird, etwa bei „Irgendwo auf der Welt“, zeigt sich seine Brillanz, seine perfekte Dynamik und sein unvergleichliches Timing. Ein Genuss. Dann wieder gibt er Gas, dreht das Schellackplatten-Karussell und trainiert mit einem ganz besonderen Foxtrott das Zwerchfell des begeisterten Publikums. Eine bemerkenswerte Mischung.

Es ist seine ganz spezielle Art des Vortrags, die Robert Kreis auszeichnet. Charmant, eloquent, mit einer großen Lust an Frivolitäten, Schüttelreimen und Witzen, die die Jahre nahezu unbeschadet überstanden haben. Dazu die exaltierte Mimik und – in der zweiten Hälfte – die Leutnant-Gustl-Uniform (wenn auch zum Glück nicht dessen Einstellung): Weit aufgerissen die Augen, gespitzt der Mund, den Schalk im Nacken. Herrlich, wenn er auf diese Weise die Callas imitiert, die er einmal während seiner Ausbildung in einer Kabarettschule traf. Bei vielen anderen würde das grotesk wirken, gar albern. Bei Kreis wirkt es bei aller Überzeichnung irgendwie ehrlich. Ja, er ist noch ein Klavierhumorist der alten Schule und noch längst nicht im Pensionsalter. Egal was der Staat sagt. „Ich bin 33 in Euro“, sagt er und bekräftigt, der neue Johannes Heesters werden zu wollen, mit dem ihn eine lange Freundschaft verband. Immerhin gibt es noch so viel zu singen und zu sagen, so viel zu erzählen und vorzulesen. Sein Archiv, so brüstet sich Kreis, sei noch vollgestopft mit literarischen und musikalischen Perlen. Wenn es nach dem Publikum geht, kann er daraus bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zitieren. Drei Zugaben erklatscht es sich, Kreis mit stehenden Ovationen feiernd. Zu Recht. Wer Schellackplatten mag, wird Robert Kreis lieben.

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