Max Uthoff: Kanzelrede mit Schönheitsfehlern

Feuer frei! Aus allen Rohren knallt es gegen jeden, der auch nur ansatzweise mit Kapitalismus oder Neoliberalismus liebäugelt. Max Uthoff, der Mann am Abzug, macht in dieser Hinsicht keine halben Sachen. Bei seinem ersten Besuch der Bonner Oper zerlegt der Co-Chef der „Anstalt“ gnadenlos CSU, CDU, SPD und Grüne, im Weltbild des 48-Jährigen allesamt verlogen und verkommen. Die Demokratie ist in seinen Augen längst in die Stiftung Deutschland aufgegangen, die ihre Rendite nur noch an die stummen Teilhaber ausschüttet. Gerade jetzt, da mit Volker Pispers einer der größten kabarettistischen Kämpfer gegen die Mär von der sozialen Marktwirtschaft seinen Abschied von der Bühne erklärt hat, muss das ja jemand mal sagen! Ja, warum nicht? Allerdings zeigt sich Uthoff zumindest an diesem Abend der Mammutaufgabe nur bedingt gewachsen. Denn neben zahlreichen Versprechern, Wiederholungen und Stottereien, die in diesem Maße völlig untypisch für den erfahrenen Künstler sind, offenbaren sich auch manche logischen Fehlsch(l)üsse – und diverse nur mäßig treffende Pointen.

Am stärksten ist Uthoff immer dann, wenn er zentrale Mechanismen beschreibt und aufs Korn nimmt, wenn er analytisch und mit konkreten Zahlen arbeitend Missstände aufzeigt und karikiert. Humanrelevante Systemkritik, die steht ihm gut. Die negativen Folgen von TTIP für die Wirtschaft mancher Schwellenländer, der sogar von einem BGH-Richter angeprangerte „mangelnde Verfolgungswille nach rechts“ oder die unerträglichen Zustände in Griechenland vermag der Münchener eindringlich zu beschreiben, auch wenn er keine alternative Lösung anzubieten hat. Nur macht er es sich mitunter etwas zu leicht, die Schuldigen zu finden. Es sind grundsätzlich die deutschen – und in geringerem Maße die amerikanischen – Politiker, die auf ach so grausame und zynische Weise nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind. Namen nennt Uthoff dabei gerne, rammt Sigmar Gabriel, Markus Söder, Katrin Göring-Eckardt und andere mit Wonne ungespitzt in den Boden, versteift sich dabei aber zu sehr auf ein lautstarkes, jedoch letztlich substanzloses Bashing. Schade, hat der Wort-Rambo doch eigentlich stärkere und zugleich feinere Waffen in seinem Arsenal.

Erschreckend schwach offenbart sich Max Uthoff schließlich nach der Pause: Wohl um dem Publikum, das zuletzt nicht immer so begeistert schien, eine Verschnaufpause von den politischen und ökonomischen Problemen dieses Landes zu gewähren, nimmt der Kreuzzügler einen Umweg über die Medienlandschaft, spricht über Dialektik in Volksmusik und bei den Geissens und setzt dabei auf Pointen, die eines Satirikers einfach nicht würdig sind. Auch seine Ausführungen zu den unterschiedlichen Religionen, die Uthoff allesamt verachtet (wohl nicht zuletzt, weil er den Kapitalismus für eine solche hält), können nicht wirklich überzeugen. Erst als er sich wieder den Menschen zuwendet, sich für die Arbeitslosen einsetzt, die Notwendigkeit von Tafeln in einem so reichen Land als Armutszeugnis anprangert und Herz und Hirn gleichermaßen anspricht, kommt er wieder auf das Niveau, das man von ihm erwarten kann und sollte. Das Publikum zeigte sich dementsprechend versöhnlich, auch wenn Max Uthoff sonst sowohl argumentatorisch als auch rhetorisch eigentlich mehr vermag. Vielleicht gelingt ihm dies ja beim nächsten Besuch besser.

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