Martin Zingsheim: Sprachwitz gegen Biedermeierlichkeit

Manchmal muss man sich einfach entscheiden. Für Kabarett oder doch lieber für Pointen. Für die Freiheit der Sprache („zwei Expressis bitte“) oder deren Eleganz. Für die urtümliche Berghütte oder für die Annehmlichkeiten der digitalen Welt. Entweder oder. Es sei denn, man heißt Martin Zingsheim. Dann nimmt man beides. Und zwar mit einem unschuldigen Grinsen auf den Lippen. Der 31-Jährige, der im Pantheon mit seinem Programm „Kopfkino“ zu Gast ist, setzt genussvoll eine köstlich-skurile, mitunter auch zutiefst philosophische Miniatur an die nächste, nicht unbedingt stringent, aber immer uneingeschränkt komisch, dabei jedes noch so große Paradoxon mit Leichtigkeit überwindend. Und wenn gar nichts mehr geht, hilft immer noch ein Lied.

Zingsheim bringt mit olympischem Assoziations-Hopping alles zusammen: Mal fordert er Einheizer für den Museumsbesuch und die Kirche (die arbeitslosen Geisteswissenschaftler und Priester werden dafür Fußballkommentatoren), dann wieder sucht er im Koalitionsvertrag nach den Stichworten Gleichberechtigung und Rüstungsindustrie, mit erschreckendem Ergebnis. Mal bekämpft er die Biedermeierlichkeit, die er in sich spürt, mit unerwarteten Aktionen in der Öffentlichkeit, nur um kurz darauf der ach so vehement demonstrierenden und revoltierenden Jugend mit ihren Online-Petitionen den Spiegel vorzuhalten. Protest ja, aber nur wenn er auch Spaß macht und tanzbar ist. Kein Wunder, dass das Wahlprogramm der Grünen in Leichter Sprache verfügbar ist und alberner klingt als die gesammelten Kinderlieder von Rolf Zuckowski. Immerhin trägt Zingsheim die Auszüge, mit denen er auch mal seine drei Kinder ins Reich der Träume schickt, wahlweise mit der Stimme von Herman van Veen oder der von Klaus Kinski vor – ein großartiger Moment.

Nicht immer zündet die abstruse Art des Wuschelkopfs, vor allem sein abgekartetes Improvisations-Spiel wirkt zu bemüht. Andererseits sind die musikalischen Qualitäten Zingsheims immer noch sein größtes Pfund: Die herrlichen Lieder, bei denen Geiger Martin Weber hinzustößt, gehören zu den Höhepunkten des Abends, die Abrechnung mit den Nummer-1-Hits der 90er Jahre im Adel-Tawil-Stil (da geht das eigene Kopfkino wieder an) ebenso wie die Ehrung von Größen der Weltgeschichte. Das Publikum dankt es ihm mit tosendem Applaus.

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