Klazz Brothers: Crossover bei erschreckender Leere

Das hatten sich die Veranstalter wohl anders vorgestellt: Eigentlich wollte das Theater Bonn nicht nur die Klassik- sondern auch die Jazz-Fans vermehrt ins Opernhaus ziehen und setzte dazu auf eine kleine Reihe mit hochkarätigen Künstlern, die Kenner interessiert aufhorchen lassen und in Scharen an den Boeselagerhof ziehen sollten. Doch das Auftaktkonzert am vergangenen Montag mit den Klazz Brothers, die mit ihrem Klassik-Latin-Crossover immerhin schon zwei Klassik-Echos gewinnen konnten und die musikalisch zweifelsfrei auch ohne die kubanischen Perkussionisten Alexis Herrera Estevez und Elio Rodriguez Luis zu den spannendsten Jazz-Formationen Deutschlands gezählt werden können, zeigte ein erschreckendes Bild. Gerade einmal 100 Besucher waren gekommen, um die Verwandlungen und Mutationen von Beethoven, Mozart, Piazolla und Grieg zu bestaunen. Bedauerlich, zumal die Klazz Brothers ihrem Ruf mehr als gerecht wurden.

Die anfängliche Enttäuschung des Trios („Es darf ruhig auch nach einem Solo geklatscht werden – so laut wird das heute ohnehin nicht werden“, kommentierte Bassist Kilian Forster), die sich zwar nicht in der Technik, wohl aber im Ausdruck widerspiegelte, legte sich glücklicherweise schnell. Spätestens bei dem wuchtigen, in den nebelverhangenen Affen-Dschungel versetzten „In der Halle des Bergkönigs“ Edvard Griegs, bei dem das Motiv geschickt zwischen Klavier und Bass hin und her wanderte, waren die Klazzer wieder so präsent, wie man es von ihnen erwartete. Vor allem wenn Drummer Tim Hahn Vollgas gab und Pianist Bruno Böhmer Camacho mit herausragender Virtuosität und energetischem Anschlag über die Tasten huschte, wuchs die Begeisterung. In diesen Momenten fuhr das Trio die schweren Geschütze auf, ließ Aram Khatschaturjan zu Macheten statt zu Säbeln greifen und groovte mit enormer Leichtigkeit – gewissermaßen als Werbung für das neue Projekt „Tango meets Cuba“ – durch ein Werk von Astor Piazolla. Eine Ballade von Carlos Gardel, die Böhmer Camacho und Forster im Duo zum Besten gaben, blieb dagegen ein wenig farblos.

Auch Beethoven huldigten die Klazz Brothers: Statt der Götter- sprühte es Phönixfunken, tauchte die Melodie doch zunächst in trauriges Moll ein, bevor sie sich wieder um so prächtiger erhob. Klasse, ebenso wie „So What“ von Miles Davis, die einzige echte Jazz-Nummer des Abends. Das Trio war zu diesem Zeitpunkt in bester Stimmung, ignorierte die leeren Stuhlreihen und ließ die dunklen Vorahnungen, die durch die Pause nach gerade einmal 40 Minuten geweckt worden waren, schnell wieder verschwinden. Den begeisterten Applaus des Publikums quittierten die drei Musiker schließlich mit mehreren Zugaben, darunter ein fantastisch arrangiertes und mit einem brillanten Bass-Solo eingeleitetes „Summertime“. Nein, an den Klazz Brothers kann es wahrlich nicht liegen, dass das Konzert so schlecht besucht war. Eher noch sollte sich das Haus fragen, ob man so eine Reihe in einer Zeit eröffnet, in der eine Premiere die nächste jagt – und wenn man dies tut, ob nicht ein bisschen mehr Werbung von Nöten gewesen wäre. Um den Jazz in der Oper zu etablieren, muss wohl noch einiges getan werden.

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