Julia Hülsmann: Ein Trio mit vier Wegen

Eine Einheit? Nein, die ist das Julia Hülsmann Trio nicht unbedingt. Eher eine Gemeinschaft dreier gleichgesinnter Individuen, von denen jeder seine eigene Sprache hat und sich auch nicht scheut, diese in den musikalischen Diskurs einzubringen. In der Harmonie haben die berühmte Jazzpianistin Hülsmann und ihre beiden Kollegen Marc Muellbauer (Bass) und Heinrich Köbberling (Schlagzeug) sich nun diesem polyphonen Ansatz ergeben – und es geschafft, das Publikum mitzunehmen, statt es auf halber Strecke hängen zu lassen. Muss man auch erst einmal schaffen.

Für Hülsmann ist das Konzert in Bonn ein Heimspiel. Hier ist sie aufgewachsen, ihr Vater und ihre Schwester sitzen im Publikum. So kommen denn auch Erinnerungen an einen Frankreich-Urlaub oder die erste Led-Zeppelin-Platte hoch, die sich in den Stücken niederschlagen. Häufig erklingen Eigenkompositionen, aber immerhin sind auch vier Cover-Versionen im Programm, darunter eben „Whole Lotta Love“, aber auch die düstere Radiohead-Single „All I Need“, die bei der 47-Jährigen zu einer ätherischen Ballade mutiert. Derart ruhig wird es ohnehin häufiger, sofern Drummer Köbberling es denn zulässt: Er ist der Antreiber des Trios, derjenige, der den Haltetönen und eleganten, modernen Melodielinien vom Klavier gerne mal flirrende, pulsierende und zum Teil vom erst wenige Tage zurückliegenden Besuch in Peru inspirierte Grooves entgegensetzt – oder der sich mitunter rhythmisch auch mal nachhaltig von den Vorgaben Hülsmanns absetzt. Dass er dabei nicht völlig aus dem Ruder läuft, spricht für die Qualitäten des Trios im Allgemeinen und für das Können Muellbauers im Besonderen, der mit seinem unaufgeregten, zurückhaltenden Bassspiel die Brücke zwischen Klavier und Schlagzeug schlägt.

Im Trio setzt Julia Hülsmann auf eine wilde Mischung aus allen möglichen Programmen, greift auf das im Mai erschienene Kurt-Weill-Album „A Clear Midnight“ ebenso zurück wie auf eine Hommage an Thelonius Monk. Auch neue Stücke erklingen, denen man in ihrer stringenten Struktur anmerkt, dass sie nicht etwa eine Reduktion eines Quintett-Arrangements sind (Hülsmann hat zuletzt viel mit dem Trompeter Tom Arthurs und dem Sänger Theo Bleckmann gearbeitet), sondern bewusst für das Spannungsfeld zwischen den drei Musikern geschaffen wurden. Faszinieren können sie alle. Und so kann das Publikum nach etwa zwei Stunden zufrieden von dannen ziehen. 

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