Brian Augers Oblivion Express: Fusion zweier Legenden

Es soll schon ein bisschen her sein, dass Brian Auger seinen letzten großen Erfolg feiern konnte. „Das war in einer Zeit, als Augustus noch Kaiser war“, erklärt der gut gelaunte Brite auf der Bühne der Bonner Harmonie bei der Ansage des Trinity-Klassikers „Ellis Island“ und lacht. Na ja, nicht ganz – zumal die Musik des großen Fusion-Keyboarders mehrfach wiederentdeckt worden ist, in den 90ern von Vertretern des Acid Jazz ebenso wie eine Dekade später von DJs wie Madlib. Völlig weg vom Fenster war Augers Musik also nie. Legenden leben eben weiter. Irgendwie.

In der Harmonie hat man genau das jetzt wieder erleben können: Augers Oblivion Express hat seit der Gründung vor 35 Jahren nichts von seinem Tempo eingebüßt, fährt mit wildem Drive fröhlich über die bewährten, funkigen Fusion-Schienen und lässt sich wie eh und je von den virtuosen Hammond-Soli des 76-Jährigen befeuern, bis der Dampf in wilden Wolken aus dem Kessel quillt. Nur jener einst unbändige Drang, in unbekanntes Territorium vorzustoßen, hat sich verflüchtigt – und so dreht sich der Zug letztlich im Kreis.

An der Qualität ändert diese zirkuläre Fahrt allerdings nichts, zumal mit dem Ex-Santana-Sänger Alex Ligertwood ein alter Weggefährte Augers am Mikro steht, der immer noch zu den ganz großen Stimmkünstlern gezählt werden kann. Wenn er denn einmal in Fahrt gekommen ist. Zu Anfang noch ein wenig dünn klingend, legt Ligertwood vor allem in der zweiten Hälfte so richtig los und zeigt etwa in der eindrucksvollen, spannungsgeladenen Blues-Ballade „I Love You More Than You Will Know“ die gesamte Bandbreite seines Könnens, mal rau röhrend, mal locker-leicht scattend, dann wieder in hohen Lagen trällernd. Auch das Publikum hat der 68-Jährige bestens im Griff, fordert es zum Mitklatschen auf, während er frenetisch auf seine Cowbell einschlägt oder in ausgiebigen Gitarrenparts ein Gegengewicht zu Augers Tastenmagie bietet. Großartig. Im Hintergrund agieren derweil Bassist Mike Clairmont und Augers Sohn Karma an den Drums, für einen treibenden Rhythmusteppich sorgend und somit das Fundament für die exquisiten Keyboard-Soli bereitend.

Für Auger geht damit ein Traum in Erfüllung. Zu tun, was er liebt, mit seinem Sohn (manchmal sind auch seine Töchter mit an Bord des Oblivion Express) und guten Freunden die Menge begeistern, das genießt er. Merkt man: Der „Tiger“, wie ihn seine Fans mitunter nennen, strotzt auf der Bühne nur so vor Virilität, während er meist stehend in die Tasten haut, ab und an musikalische Zitate einbaut (besonders gerne greift er auf Griegs „In der Halle des Bergkönigs“ zurück) oder in bestem Denglisch irgendwelche absurd-komischen Geschichten erzählt und neue Worte erfindet. In Bonn, dem „Zentrum für progressive Musik“, scheint er sich besonders wohl zu fühlen, zelebriert förmlich seine berühmte Version von Wes Montgomerys „Bumpin' On Sunset“, jenem Stück, das in den 90ern in den Szene-Clubs rauf und runter lief und Auger den Beinahmen „Godfather of Acid Jazz“ einbrachte. Auch in der Harmonie zündet es und beweist, dass der Oblivion Express noch immer für eine kleine Rundreise gut ist. Mit Volldampf voraus. Hat was.

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