Zaz: Ein Wildfang wird erwachsen

Wer will sie sein, wo geht sie hin? Die französische Sängerin Zaz steht, so scheint es bei ihrem mittlerweile dritten KunstRasen-Konzert, derzeit an einem Scheideweg: Auf der einen Seite immer noch der liebenswerte Wirbelwind, der ausgelassen über die Bühne tobt und mit funkelnden Augen zur wilden Party einlädt, auf der anderen die elegante Diva, deren gezähmtes Feuer sehr gut mit der in den vergangenen fünf Jahren gesammelten Erfahrung passt und die ohnehin schon beträchtliche Bandbreite von „Mademoiselle 100.000 Volt“ noch einmal vergrößert. Beide Aspekte stehen ihr hervorragend und sorgen bei den gut 4000 Fans, die allen Wetterkapriolen zum Trotz in die Bonner Rheinauen gekommen sind, ein ums andere Mal für euphorischen Jubel.

Ach ja, Zaz und das Bonner Wetter: Alleine das ist schon eine Geschichte für sich. Schon vor zwei Jahren hatte sie den Regen gebucht und mit ihrem Gesang zugleich die Sonne aufgehen lassen, in diesem Jahr scheint sich das zu wiederholen. Kurz vor dem Konzert ging sogar ein kräftiger Hagelschauer auf das Gelände nieder, eine winzige Bestätigung der vom Deutschen Wetterdienst ausgerufenen Unwetterwarnung. Doch von so etwas lässt sich eine Zaz nicht abschrecken. Von dem danach herrschenden beständigen Wechsel aus Sonnenschein und Wolkenbruch erst recht nicht. Das Publikum liebt sie dafür und ignoriert souverän die immer wiederkehrende Nässe. Man kann sich ja trockentanzen, wenn Zaz aufdreht und ihre Mischung aus Jazz, Soul, Blues, Pop, Gipsy-Swing und Chanson mit Verve und Witz zum universellen Gute-Laune-Sound erwächst. Das kann nur dieser strahlende Kobold mit der Präsenz einer Riesin. Kein Wunder, dass die als Isabelle Geffroy geborene Künstlerin seit ihrem Überraschungserfolg „Je Veux“ im Sommer 2010 der musikalische Exportschlager Nummer 1 der Grande Nation, ist Aushängeschild eines lebendigen, ekstatischen Nouvelle Chanson und wird von vielen enthusiastisch als neue Edith Piaf gefeiert.

Zaz selbst hat diesen Vergleich immer dementiert – doch mit ihrem neuen Album „Paris“, das im November 2014 aus dem Stand auf Platz 5 der Albumcharts einstieg, befeuert sie derartige Parallelen nur um so mehr. Denn durch die herrlich swingenden Coversongs über die Stadt der Liebe wirkt Zaz gereifter, gediegener, wenn auch nicht weniger verführerischer. In diesen Momenten ist sie weniger die Straßenmusikerin mit den zappelnden Füßen als vielmehr ein eleganter Star, der geschickt mit jenem Kollegen aus der inzwischen ganz schön großen Band flirtet, der etwa bei dem Duett „J'aime Paris Au Mois De Paris“, das Zaz auf der CD mit Chanson-Legende Charles Aznavour singt, den Altmeister kraftvoll vertritt. Herrlich, ebenso wie die frische Version von Cole Porters „I Love Paris“. Aber eben doch stilistisch anders als die früheren Turbonummern des charmanten Wildfangs.

Die lassen allerdings auch nicht auf sich warten. Natürlich erklingt irgendwann noch „Je Veux“, der vom Publikum sehnsüchtig erwartete Hit, bei dem auch sibirische Metal-Fans weich werden, wie Zaz einmal in einem Interview erzählte. Ja, diese Frau kann so etwas. Russen zum Weinen bringen und den Regen bezwingen, flippig bleiben und zugleich Eleganz ausstrahlen, Gegensätze vereinen und sich dabei nicht verbiegen: Das ist die Feenmagie von Zaz. 

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