Rick Kavanian: Vielstimmiges Solo

Es ist ein Abschied in Raten. Vollständig hat sich Rick Kavanian noch nicht von jenen Rollen gelöst, mit denen er während seiner Zusammenarbeit mit Michael Bully Herbig deutschlandweit bekannt wurde – ganz sind der Vorzeige-Grieche Dimitri Stoupakis oder der sächselnde Lord Jens Maul noch nicht von der Bühne verschwunden. Wäre ja auch schade drum. Doch die Entscheidung des 44-Jährigen, sich im neuen Programm „Offroad“, das jetzt zwei Tage lang im Bonner Pantheon zu sehen war, ausdrücklich von diesen Figuren zu lösen und die eigene Person die Hauptrolle spielen zu lassen, zeugt von einer erfreulichen Entwicklung. Denn jetzt kann Kavanian endlich einmal zeigen, dass er auch unterhaltsam sein kann, wenn er keine Maske trägt. Einen Beweis, den er souverän erbringt, ohne sich dabei vollständig zu dekonstruieren. Denn sein Talent für die Imitation von Sprachen, Akzenten und Dialekten setzt er weiter ein – und sorgt so für einen wunderbaren Abend.

Das Kuddelmuddel früherer Programme hat Rick Kavanian erfreulicherweise ebenfalls ad acta gelegt: Eine mühsam konstruierte und immer wieder durchlöcherte Rahmenhandlung gibt es nicht, kein wie auch immer geartetes Skript, keinen erzwungenen Boulevardtheaterton. Stattdessen plaudert der Kabarettist aus dem Nähkästchen: Er erzählt von seiner Hochzeitsreise nach Botswana, die er meisterhaft mit Dschungelgeräuschen untermalt, von seiner Augen-OP in persönlicher Bestzeit, von morgendlichen Ritualen mit App-Unterstützung und von seinem Trip nach Bangkok, wo er sich mit einem Koi-Karpfen aus Offenbach unterhält und auf eine etwas unheimliche Hautärztin mit einer Leidenschaft für Laserbehandlungen trifft. Natürlich lässt Kavanian es sich nicht nehmen, die entsprechenden Dialoge mit dem jeweils passenden, herrlich skurrilen und doch nur bedingt übertriebenen Zungenschlag zu sprechen, schafft es dabei aber zum einen erstmals, immer er selbst zu bleiben, und bewahrt zum anderen besser als jemals zuvor die Balance zwischen Albernheit und Ernsthaftigkeit. Dies resultiert in Geschichten, denen man gerne folgt, ohne mit den Augen zu rollen, zumal Kavanian in jeder Situation und trotz diverser Wehwehchen (inklusive eines ständig drohenden Nasenblutens) so charmant und zuvorkommend agiert, dass man ihm einfach nicht böse sein kann.

Doch genau das wurmt den 44-Jährigen. Immer der Nette, der für seine guten Taten von alten Damen mit einer Scheibe Wurst belohnt wird: Das nervt. Am liebsten würde er einmal den Dämon in sich wecken und die Kräfte der dunklen Seite freilassen (womit ausdrücklich nicht Jens Maul gemeint ist). Doch es will ihm einfach nicht gelingen, selbst eine feuerrote Kettensäge kann das original Münchner Kindl mit armenisch-rumänischen Wurzeln nicht in Darth Kavanian verwandeln. Ist vielleicht auch gar nicht nötig. Warum sich mit aller Kraft gegen das eigene Wesen sträuben, wenn er doch gerade erst damit beginnt, genau dieses auch auf der Bühne zu entdecken? Mit „Offroad“ ist der Mann mit den tausend Stimmen auf jeden Fall auf dem besten Weg, um zu sich selbst zu finden. Das Publikum dürfte ihm dabei gerne folgen. Weil er eben so nett ist. Und weil sie einfach Spaß macht, diese Selbstfindungs-Safari durch den Sprachdschungel. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0