René Steinberg: Pippi Langstrumpf gegen die Grauen Herren

Es ist ein Aufruf zur Pippisierung. Eine Forderung nach mehr Quatsch als Gegengewicht zu dem ökonomischen Produktivitätsdruck oder einfach nach ein bisschen Zeit, um mal wieder ringelsockenbewehrt die Wolken zu beobachten und so den Grauen Herren, gegen die sich schon das Mädchen Momo aufgelehnt hat, zumindest vorübergehend ein Schnippchen zu schlagen. „Gebt dem Unsinn das Kommando“, heißt es. All das will René Steinberg seinem Publikum im Pantheon ermöglichen – und da der Blick in den Himmel aus dem Kellergewölbe heraus dann doch ein wenig problematisch ist, setzt der Radio-Mann, der für WDR-Formate wie „Die von der Leyens“ oder „Schloss Koalitionsstein“ verantwortlich ist, eben auf andere Formen des Blödsinns. Ein Ansatz, der mitunter erstaunlich gut funktioniert. Und in anderen Momenten gnadenlos scheitert.

Wie gut ein vollständiges Abtauchen in den Nonsens wirken kann, stellen Künstler wie Rainald Grebe oder Helge Schneider immer wieder unter Beweis. Doch deren Mut zur völligen Selbstdekonstruktion, den Willen zur bewussten Mutation in einen von allen Regeln und Zwängen befreiten Clown, fehlt Steinberg bei aller Lobhudelei auf die Narretei dann doch. So pendelt er denn beständig zwischen politischer Kritik und angedeuteter Groteske – und während er an den beiden Polen durchaus sein gesamtes Potenzial erkennen lässt, zeigen sich dazwischen immer wieder große Schwächen, die auch der Anbiederei ans Publikum geschuldet sind. Stau im Ruhrgebiet, Schimanski mit Dinkelschnitten und Ronald Pofalla bei der Bahn, das sind Themen, die ankommen, auch wenn sie nicht wirklich lustig sind. Dann doch lieber der Fußball-Kommentar mit den eingeblendeten Werbesprüchen oder der Zauberlehrling 2.0 reloaded, in denen Steinberg seine sprachlichen Fähigkeiten ausloten darf und zeigt, dass er mehr kann als nur wie Till Schweiger nuscheln und wie Herbert Grönemeyer knödeln. Zugegeben, vor allem für diese Parodien wird er gefeiert, für seine Idee eines Tatorts mit dieser von Udo Lindenberg vervollständigten Chaostruppe, für diesen Krimi-Dadaismus, den der 42-Jährige auch im Radio präsentiert. Doch gerade hier fehlt es entweder an einer Unterfütterung, an einer intelligenten inhaltlichen Struktur – oder am finalen Schritt in den selbst induzierten und nicht mehr imitierenden Blödsinn.

Letztlich steckt auch Steinberg, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, in einer Tretmühle fest, immer Klischees ausnutzend, Politiker verlachend, Massenkonsum-Musicals und Werbe-Jingles für seine Zwecke ausnutzend. Ja, auch die kritischen Untertöne sind vorhanden, stehen ihm sogar richtig gut. Und könnten doch noch besser passen. Wenn Steinberg nur eine klarere Linie fahren würde. Selbst wenn die endgültig in die chaotischen Niederungen des Gaga weist.

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